Eine Biobank der Superlative
AG Biomaterialbanken besucht UK Biobank – Proben und Daten stehen Forschern weltweit für Analysen zur Verfügung
Die UK Biobank gilt als eine der weltweit größten und ehrgeizigsten Proben- und Datensammlungen einer Bevölkerung zur Nutzung für gesundheitsbezogene Forschung.
10.07.2012. Etwa 15
Millionen Aliquots der Proben von mehr als 500.000 Personen lagern in der UK
Biobank. Sie sind verknüpft mit klinischen sowie mit
detaillierten Informationen zu Krankheitsgeschichte und Lebensführung. Sehr
beeindruckt zeigten sich die Mitglieder der TMF-Arbeitsgruppe
Biomaterialbanken, die die UK Biobank am 3. Juli 2012 besichtigte, insbesondere
vom System der Probenlagerung, vom Einsatz von Automatisation und Robotik für
das Probenhandling, vom Probenmanagement auf höchstem Niveau sowie von der
Professionalität des Projektteams, dem es gelungen ist, das Vertrauen der
Spender nachhaltig zu gewinnen.

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Der "goldene Schrein" der UK
Biobank: Blick ins Innere des
automatisierten Biobanklagers,
in dem die Proben auf -80 °C
gekühlt aufbewahrt werden.
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Die UK Biobank betreibt selbst keine Forschung mit den
Proben und Daten, sondern veräußert sie auf Non-profit-Basis, aber mit dem Ziel
der Kostendeckung, an Forscher weltweit. Nach entsprechender Beantragung kann
demnach jeder Wissenschaftler („bona fide researcher“) die Proben und Daten aus
der UK Biobank nutzen, um gesundheitsbezogene Forschung durchzuführen. Dabei
verbleiben die Ergebnisse der Forschung bei der UK Biobank, können und sollen
zugleich jedoch auch von den Forschern veröffentlicht werden – wobei die UK
Biobank lediglich im Acknowledgement erwähnt werden möchte.
Die Gesundheit zukünftiger Generationen sichern
Das UK Biobank-Projekt gilt bisher als eines der weltweit
größten und ehrgeizigsten Unternehmen, eine detaillierte biomedizinische
Datensammlung einer Bevölkerung zu erstellen und für die biomedizinische
Forschung zur Verfügung zu stellen. Ziel der prospektiven Kohorten-Studie ist
es, die zukünftige Prävention, Diagnose und Behandlung von Krankheiten der
älter werdenden Bevölkerung, nicht nur im Vereinigten Königreich, sondern auch weltweit in der Zukunft, zu verbessern. Hierfür sollen insbesondere auch die vielfältigen Umwelt- und
Lifestyle-Risikofaktoren ermittelt werden, die teilweise moderat und in ihrem
Zusammenspiel auf komplexe Weise den individuellen Verlauf von Krankheiten
steuern können.
Das Projekt startete im Jahr 2004, die Probenakquise
erfolgte von 2006 bis 2010. Dazu wurden insgesamt rund 9 Millionen schriftliche
Einladungen an Personen im Alter von 40 bis 69 Jahren verschickt, die im
staatlichen Gesundheitssystem registriert waren und im Umkreis eines der 22
Assessment-Zentren der UK Biobank lebten. Mehr als eine halbe Million
Freiwilliger nahm die Einladung an.
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Dan Fry (li.) und Lorraine Gillions
(re.) führten die Mitglieder der AG
BMB durch die UK Biobank.
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Breite Einverständniserklärung für künftige Gesundheitsforschung
Dan Fry, der Labormanager der UK Biobank, der die AG
Biomaterialbanken durch die Biobank führte, wies besonders auf das
bewundernswerte altruistische Verhalten der freiwilligen Spender hin. Sie hätten
ihre Einwilligung gegeben, obwohl ihnen mitgeteilt wurde, dass das Projekt
nicht dazu ausgelegt sei, die Gesundheit der Teilnehmenden zu verbessern,
sondern alleine zukünftigen Generationen nutzen werde.
Lorraine Gillions, die Koordinatorin des Daten- und
Probenmanagements, betonte, dass die Spender der UK Biobank durchgehend breite
Einverständniserklärungen gegeben und damit jedweder gesundheitsbezogener
Forschung an ihren Proben und Daten zugestimmt hätten, die von öffentlichem Interesse sei.
Prospektive Studie erfasst Daten im Verlauf
Die Teilnehmer wurden in den jeweiligen Zentren einer
dreistündigen, hochstandardisierten Untersuchung unterzogen. Dabei wurden
Körperwerte gemessen, Proben gewonnen und mittels elektronischer Touchpad-Fragebögen
Informationen zu individuellen Krankheitsgeschichten sowie zur Lebensführung
erhoben. Alle Teilnehmer werden auf freiwilliger Basis darüber hinaus
periodisch aufgefordert, eventuelle Veränderungen in ihrer Lebensführung, ihrer
Ernährungsweise oder in einem der
anderen Einschlusskriterien der Studie mitzuteilen. So hat die UK Biobank auf
ihre jüngste Online-Befragung fast 400.000 Antworten zu verändertem Ernährungsverhalten
erhalten.
Über im Gesundheitssystem genutzte elektronische Informationssysteme wird der UK Biobank mitgeteilt, wenn bei Teilnehmern Erkrankungen auftreten oder diese gar versterben. Innerhalb der UK Biobank-Kohorte ließen sich bisher 4,8 Prozent der Probanden mit Diabetes, 2,4 Prozent mit Herzinfarkten, 1,4 Prozent mit Schlaganfallsleiden, 1 Prozent mit COPD, 2,2 Prozent mit Brustkrebs, 0,8 Prozent mit Prostatakrebs sowie 1,2 Prozent mit rheumatoider Arthritis erfassen.
UK Biobank bisher mit rund 85 Mio Euro gefördert
Das Medical Research Council und der Wellcome Trust
initiierten die UK Biobank vor mehr als zehn Jahren, damals – und noch vor
Veröffentlichung des Humangenoms im Jahr 2004 – bereits die Wichtigkeit eines solchen
Projektes vorausahnend. Die UK Biobank wird vom Medical Research Council, dem
Gesundheitsministerium, der Regierung von Wales und Schottland, dem Wellcome
Trust sowie von der Britischen Herz-Stiftung finanziert. Insgesamt sind bisher 85 Mio € Fördermittel zur
Durchführung des Projekts aufgewendet worden.
Die UK Biobank ist in Stockport, Greater Manchester, in
Nord-West-England angesiedelt. Dort werden insgesamt ca. 15 Millionen Aliquots
der Proben von mehr als 500.000 Menschen aufbewahrt, die repräsentativ für die
in England, Schottland und Wales lebende Bevölkerung ist. Irland konnte aus
logistischen Gründen nicht in die Studie eingeschlossen werden, da aufgrund der
geographischen Insellage und infrastruktureller Bedingungen der
qualitätsgesicherte Probentransport zur UK Biobank nicht gewährleistet werden
konnte.
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Das Gefrierlager der UK Biobank
befindet sich in einem eigens für
diesen Zweck errichteten Labor-
gebäude, dessen Systeme mehr-
fach redundant gesichert sind.
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Mehrfache Redundanz sichert die Systeme
Die in den Assessment-Zentren gewonnenen Proben wurden in der Regel bei 4
°C an die UK Biobank verschickt. Hintergrund für den Transport bei dieser
Temperatur sind evidenzbasierte Hinweise, dass bei 4 °C zunächst die
metabolische Aktivität der Proben nur unterdrückt wird, wohingegen durch
Einfrieren und Auftauen eine Degradation eintritt. Dieser Prozess sollte vor
der finalen Einlagerung in der UK Biobank verhindert werden.
Die Proben werden in einem automatisierten und
robotergestützten Biobanklager aufbewahrt, das etwa so hoch ist wie ein zweistöckiges
Haus. Mit flüssigem Stickstoff wird im Eingangsbereich auf -20 °C bzw. im
Lagerbereich auf -80 °C gekühlt. Das Gefrier-Lager, das in einem eigens dafür
gebauten Labor-Gebäude untergebracht ist, ist mehrfach redundant abgesichert,
dies gilt ebenso für alle Roboter- und Computersysteme. Etwa neun Kilometer von
Stockport entfernt befindet sich zudem ein Backup-Lager, welches unter anderem
für Notfallzwecke errichtet worden ist.
- UK Biobank
- Registrierungsseite für die Beantragung der Probennutzung
- AG-Biomaterialbanken

Die AG Biomaterialbanken traf sich zu ihrer Sitzung mit Besichtigung der UK Biobank
in Stockport/Manchester. Nach einer Präsentation durch die Koordinatoren begann die Führung
in der Halle des zweistöckigen Probenlagers.

High throughput build-in cherry picking module.
Barcodes am Sammelröhrchen und -Rack sind Grundpfeiler für moderne Aufbewahrungslogistik.
Die hohe Automatisierung der UK Biobank ermöglicht es, dass eine Person die Aufsicht
über die gesamte Biobank halten kann.
Dan Fry, der Labormanager der UK Biobank, präsentiert den Teilnehmern der AG BMB
ein Probenrack.