Qualität von Registern auf verschiedenen Ebenen heben – Konzepte und Werkzeuge vorgestellt
Großes Interesse an Registertagen der TMF – Bezüge zwischen Projekten aufgezeigt
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26.05.2014. Um die Qualität von Registern in der medizinischen Forschung zu steigern, setzt die
TMF mit Projekten und Unterstützungsangeboten auf verschiedenen Ebenen an: bei der IT-Infrastruktur, bei datenschutzrechtlichen Fragen, bei den Anforderungen an die Datenqualität und bei der Transparenz über bestehende Register. Der Registertage-Workshop der TMF, der mit mehr als 50 Teilnehmern am 22. und 23. Mai 2014 unter der Leitung von Prof. Dr. Jürgen Stausberg in Berlin stattfand, bündelte die Vorstellung von Ergebnissen mehrerer aktueller TMF-Projekte und zeigte die Bezüge zwischen ihnen sowie zu bereits bestehenden Angeboten der TMF auf.
Einführend erläuterte Professor Dr. Ulrich Sax (Universitätsmedizin Göttingen) in seiner Rolle als Sprecher der TMF-Arbeitsgruppe IT-Infrastruktur und Qualitätsmanagement die Vielfalt der Themen und
Projekte der AG, aus der auch das breite Spektrum an Unterstützungsangeboten
der TMF für Register resultiert. Professor Dr. Edmund A. Neugebauer
(Universität Witten/Herdecke), Vorsitzender des Deutschen Netzwerks
Versorgungsforschung (DNVF), stellte die besondere Bedeutung von Registern in
der Versorgungsforschung dar. Register lieferten komplementäre Informationen zu
klinischen Studien, insbesondere auch, da sie die Effektivität einer
Intervention im Versorgungsalltag abbilden können. Entscheidend seien dabei die
Datenqualität und die Transparenz der Register.
Ein sorgfältig erarbeitetes Datenschutzkonzept sorgt für Transparenz und
Vertrauen
Medizinische Forschung ist langfristig auf das Vertrauen von
Patienten und Probanden angewiesen. Gerade in Zeiten vermehrter Datenskandale –
auch wenn sie keinen direkten Bezug zu Forschung mit Gesundheitsdaten haben –
wird es immer schwieriger, dieses Vertrauen zu gewinnen und zu erhalten. Ein
sorgfältig erarbeitetes und gut dokumentiertes Datenschutzkonzept kann für die
notwendige Transparenz sorgen, wie Dr. Johannes Drepper (TMF) erläuterte.
Die TMF hat hierzu bereits vor mehr als zehn Jahren erste
„generische“ Konzepte mit den Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder
abgestimmt und als Buch zur Verfügung gestellt. Diese
Konzepte liegen als „Leitfaden zum Datenschutz in medizinischen
Forschungsprojekten“ jetzt in einer grundlegend überarbeiteten Version vor.
Ende März 2014 hat die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der
Länder medizinischen Forschungseinrichtungen empfohlen, diesen Leitfaden als
Basis für die konkrete Ausgestaltung ihrer Datenschutzkonzepte zu verwenden.
Prof. Dr. H. J. Buhr, Sekretär der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV), sprach im Anschluss an den Workshop von dem
„unschätzbaren Verdienst“ der TMF, die Abstimmung mit den
Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder erreicht zu haben. „Diese
Leistung ist in meinen Augen nicht genug zu würdigen.“, so Buhr. Die
Publikation des Leitfadens in der TMF-Schriftenreihe ist in Vorbereitung.
51 Indikatoren für Datenqualität in Registern und Kohorten

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Prof. Dr. Jürgen Stausberg
moderierte die Register-
tage der TMF
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Ebenfalls überarbeitet und aktualisiert wurde der Leitfaden
zur
Datenqualität in der medizinischen Forschung, dessen erste Auflage 2007
erschienen war. Für die Autoren stellte Prof. Dr. Jürgen
Stausberg die Indikatoren zur Datenqualität vor, die in der revidierten Fassung
von 24 auf 51 Indikatoren erweitert wurden. Berücksichtigt wurden dabei
insbesondere auch spezifische Indikatoren der Krebsregister. Daniel Nasseh
(LMU München) erläuterte den methodischen Ansatz und die Durchführung
der Literatursichtung. Ergänzt wird der Band um konkrete Anwendungsempfehlungen
zu Registern, Kohorten und Data Repositories. Die Veröffentlichung der
Neuauflage in der TMF-Schriftenreihe ist in Vorbereitung.
Thomas
Schrader (Fachhochschule Brandenburg), Autor des Kapitels
„Anwendungsempfehlungen für Data Repositories“, betonte, dass die TMF-Leitlinie
ein wichtiger Schritt in der Bewertung der Datenqualität von Registern sei. Entscheidend
sei, dass alle am Datenmanagement beteiligten Personen sich für die
Datenqualität verantwortlich fühlen müssten.
Katalog der Anforderungen an die IT unterstützt auch die Planung von
Kohorten und Registern
Kohorten und Register sind langfristige und komplexe
Forschungsprojekte, deren Daten meist für verschiedene Forschungsvorhaben und
von verschiedenen Forschergruppen genutzt werden. Dabei verändern sich die
Anforderungen, die an die zugrunde liegende IT-Struktur gestellt werden: So
sollen beispielsweise Biomaterialbanken eingebunden werden oder das Register
wird mit Studien und anderen Forschungsprojekten verknüpft; die Datenmengen
steigen stetig, die Kooperationsmöglichkeiten und Formen wandeln sich.
Claudia Michalik (ZKS Köln) stellte einen in der TMF
erstellten Katalog vor, der die Anforderungen an die IT, die sich aus den
Kernprozessen in Kohorten und Registern ergeben, strukturiert beschreibt. Die
Anforderungen wurden in Anlehnung an die Phasenmodelle des DNVF und der
Agency for Healthcare Research and Quality (AHRQ) in die Phasen
Entwicklung, Betrieb und Abschluss gegliedert. Dabei habe sich, so Michalik,
gezeigt, dass der Katalog nicht nur die Planung der IT, sondern grundsätzlich
die Planung von Kohorten und Registern unterstütze. Noch nicht integriert seien
die Anforderungen von Biobanken; dies könnte Aufgabe eines Folgeprojektes sein.
Ein großes Register ist eine teure Infrastruktur
Einen anschaulichen Einblick in die Bandbreite
unterschiedlicher Anforderungen an die IT-Unterstützung gaben Marguerite Honer
(Mukoviszidose e.V.) für das neue Register für Mukoviszidose und Stefan
Ostrzinski
(Universität Greifswald)
für die
Nationale Kohorte.
Das Mukoviszidose-Register dokumentiert bereits seit fast 30
Jahren und hat 8.000 Patienten einmalig sowie davon 5.300 Patienten im
longitudinalen Verlauf erfasst. Bisher war in den dokumentierenden
Behandlungseinrichtungen eine spezielle Software installiert, was unter anderem
erheblichen Aufwand beim Installieren von Softwareupdates mit sich brachte. Nun
ist eine neue Registerarchitektur erarbeitet worden, die einen zentralen
Betrieb ermöglicht. Bis zum geplanten Start der neuen Registersoftware Anfang
2015 bleibt noch viel Arbeit zu tun: von der Abstimmung des Datenschutzkonzepts
über die Prüfung der Basisdatensätze und das Aufsetzen der neuen Datenbank bis
zur Schulung der Anwender. Ein solch großes Register ist eine teure
Infrastruktur, die, wie Marguerite Hohner darstellte, mit den finanziellen und
personellen Ressourcen einer Patientenorganisation nur sehr schwer zu betreiben
ist.
Die Nationale Kohorte, die über die nächsten Jahre in 18
Studienzentren Daten von insgesamt 200.000 Probanden sammeln und – zumindest
teilweise – nachverfolgen soll, kann demgegenüber auf eine bessere
Ressourcenausstattung zurückgreifen. Zentrale Herausforderungen für den
IT-Einsatz in der Nationalen Kohorte liegen, wie Daniel Ostrzinski darstellte,
in der dezentralen Organisation der Kohorte, in der Heterogenität der Daten und
Erhebungsmethoden, in der langen Projektlaufzeit sowie nicht zuletzt in
ethischen und datenschutzrechtlichen Fragen. Das IT-Team der Nationalen Kohorte
setze auf die Etablierung einer einfachen und sicheren Infrastruktur. So müsste
auf den Arbeitsstationen lediglich ein Web-Browser und JavaScript installiert
sein; Software-Updates und Änderungen am Datenmodell beträfen nur die zentralen
Server. Vollständig qualitätsgesicherte Daten seien für die wissenschaftliche
Nutzung voraussichtlich ab 2018 verfügbar.
Register der Register: Ein Beitrag zur Verbesserung der Qualität
Gemeinsam bauen die TMF und das DNVF derzeit ein
Registerportal als „Register der Register“ auf. Ziel ist es, Transparenz über
die in Deutschland betriebenen und verfügbaren Register zu schaffen, mit der
Entwicklung eines Leitfadens zur Guten Register-Praxis (GRP) zur Verbesserung
der Qualität von Registern beizutragen und die Zusammenarbeit und den Austausch
der Registerbetreiber untereinander zu fördern.
Prof. Dr. Jürgen Stausberg berichtete, dass zur Beschreibung
der Register und Kohorten im Registerportal ein Metadatensatz festgelegt wurde.
In einem Konsensprozess haben sich neun Experten, die verschiedene Typen von
Registern und Kohorten vertreten, aus 19 Modulen mit insgesamt 195
Datenelementen auf 26 Merkmale im Kerndatensatz geeinigt.
Sebastian
C. Semler (TMF) ergänzte, dass 2014 ein Betriebs- und Nutzerkonzept erarbeitet
wird, auf dessen Basis dann die Software-Entwicklung angegangen werde.
Anschließend könne mit der Bestandsaufnahme gestartet werden, wobei man
bestehende Daten aus TMF-Umfragen zu Registern aus den letzten Jahren
berücksichtigen werde. Ziel ist es, dass schließlich ein Kerndatensatz zu allen
medizinischen Registern in Deutschland vorliegt. Darüber hinaus fließen
Erfahrungen aus dem Aufbau des Deutschen Biobanken-Registers ein, das
von der TMF betrieben wird. Für die zweite Stufe des Projektes werden aktuell
noch Finanzierungsmöglichkeiten eruiert.
Download der Vortragsfolien
- Programm der Registertage [pdf | 207 KB]
- Dr. Johannes Drepper: Einführung und Vorstellung der TMF [pdf | 566,6 KB]
- Prof. Dr. Edmund Neugebauer: Register in der Versorgungsforschung [pdf | 1,2 MB]
- Prof. Dr. Ulrich Sax: Unterstützung der TMF für Register und Kohorten [pdf | 5,5 MB]
- Dr. Johannes Drepper: Datenschutzkonzepte für Register und Kohorten [pdf | 526 KB]
- Prof. Dr. Jürgen Stausberg: Indikatoren zur Datenqualität in der TMF: Leitlinie Version 2 [pdf | 768 KB]
- Daniel Nasseh: Stand der Literatur zur Datenqualität (Vortragsfolien) [pdf | 777 KB]
- Prof. Dr. Thomas Schrader: Anwendungsempfehlungen für Data Repositories [pdf | 465 KB]
- Claudia Michalik: KoRegIT – Der Anforderungskatalog der TMF (Vortragsfolien) [pdf | 1 MB]
- Dr. Daniel Kraft, Stefan Ostrzinski: IT-Infrastruktur der Nationalen Kohorte [pdf | 1 MB]
- Marguerite Honer: Das neue Register für Mukoviszidose [pdf | 688 KB]
- Prof. Dr. Jürgen Stausberg: Metadaten zur Beschreibung von Registern und Kohorten [pdf | 775 KB]
- Sebastian C. Semler: Implementierung von Registerportal und Deutschem Biobankenregister (Vortragsfolien) [pdf | 3 MB]