Biobanking 3.0: Transparenz, Akzeptanz und Unterstützung von Biobanken in der Öffentlichkeit verstärkt im Fokus
Gemeinsame Sitzung der TMF-Arbeitsgruppen Biomaterialbanken und Wissenschaftskommunikation
Erwartungen von Patienten an die Teilnahme an einer Biobank
09.12.2014. Für ein
nachhaltig erfolgreiches Biobanking werden transparente Kommunikation,
Vertrauen sowie eine aktive Einbindung der Öffentlichkeit immer wichtiger. Diese
Entwicklung, die Interessen externer Bezugsgruppen stärker einzubeziehen, ist
jüngst auch als „Biobanking 3.0“ bezeichnet worden. Zentral ist dabei die
Forderung, das Wissen über Biobanken und ihre Akzeptanz in der Öffentlichkeit
zu steigern. Vor diesem Hintergrund kamen die TMF-Arbeitsgruppen
Biomaterialbanken und Wissenschaftskommunikation am 2. Dezember 2014 in Berlin zu
einem gemeinsamen Wissens- und Erfahrungsaustausch zusammen. Biobankbetreiber,
Forscher und Kommunikationsexperten diskutierten Konzepte und konkrete
Beispiele, um Öffentlichkeitsarbeit für Biobanken wirksam durchzuführen und den
Dialog mit den Probenspendern zu unterstützen.
Während beim Biobanking 1.0 der Fokus auf der Anzahl der
eingelagerten Biomaterialproben liegt, rücken beim Biobanking 2.0 Fragen der
Probenqualität in den Mittelpunkt. Auslöser für diese Entwicklung waren Diskussionen
um die Reproduzierbarkeit der wissenschaftlichen Ergebnisse sowie auch steigende
Kosten des Biobankings. „Biobanking 3.0“ baut auf den bisherigen Entwicklungen
auf und fordert zusätzlich einen Perspektivwechsel, um den Wert und die
Bedeutung von Biobanken für die Gesellschaft zu steigern (vgl.
Simeon-Dubach/Watson 2014).
Um Biobanken mit Blick auf Kommunikation und
Außendarstellung zu verstehen, ist zunächst die Unterscheidung zwischen
populationsbezogenen Biobanken, Biobanken im Rahmen von Registern und Studien
sowie klinischen Biobanken in Krankenhäusern („Clinical Biobanking“) wichtig.
So betonte Prof. Dr. Michael Hummel (Charité Berlin, Institut für Pathologie) die
Unterschiede in der Daten- und Probenerhebung von Patienten und Probanden im
Rahmen klinischer oder populationsbasierter Studien. Die unterschiedlichen
Biobank-Typen beeinflussten auch ihre Darstellung in der Öffentlichkeit.
Populationsbezogene Biobanken
Andrew Trehearne, Kommunikationsleiter der UK Biobank, wies
besonders auf die Bedeutung eines langfristigen Vertrauensverhältnisses
zwischen Spendern und Biobankbetreibern hin. So können sich Spender auf der
Homepage der UK Biobank jederzeit über die Verwendung ihrer Proben informieren,
ihre Daten aktualisieren und über einen Newsletter auf dem neuesten Stand
bleiben.
In Deutschland hat die Nationale Kohorte jüngst eine
prospektive populationsbasierte Kohortenstudie gestartet, deren Ergebnisse
repräsentativ für die deutsche Bevölkerung sein sollen. Um die Probanden
langfristig zu erreichen, soll eine „NAKO-Community“ entstehen, berichtete
Julia Geulen, die die Kommunikation der Nationalen Kohorte verantwortet. Über
Homepage, Newsletter, Chatroom und Come-together sollten die Teilnehmer sowohl
Informationen erhalten als auch selbst am Dialog teilnehmen können. Um die
Rekrutierung von Probanden zu unterstützen, würden zudem Arbeitgeber, lokale
Ärzte und Vertrauenspersonen eingebunden.
Biobanken im Rahmen von Registern und Studien
Das Kompetenznetz Angeborene Herzfehler richtet sich mit
einer Informationskampagne speziell an Jugendliche, die sich am Nationalen
Register für angeborene Herzfehler beteiligen. Mit einem Facebook-Auftritt des
Registers und einem Familienwochenende werde die wechselseitige Kommunikation
zwischen Patienten, Angehörigen, Ärzten und Forschern unterstützt, wie Wiebke
Lesch (Kompetenznetz Angeborene Herzfehler) erläuterte. Hier ist auch Forschung
mit Proben, die in Biobanken gelagert werden, schon auf kindgerechte Weise
dargestellt worden.
Auch für die Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung
spielen Biobanken als Forschungsressource eine wichtige Rolle. Entsprechend
wichtig ist auch für sie die Akzeptanz und Beteiligung der Patienten. Gerade
bei einer so genannten „breiten Einwilligung“ (broad consent) der Patienten und
Probanden in die Verwendung der Proben für Forschungszwecke, die heute noch
nicht im Detail bekannt sind, ist Vertrauen eine unabdingbare Voraussetzung.
Darauf wies Jörn Bullwinkel (Deutsches Zentrum für Lungenforschung) hin.
Clinical Biobanking
Die Biobank ibdw in Würzburg nutzt bereits diverse
Materialien und Instrumente, um die Öffentlichkeit über Biobanken zu
informieren und Vertrauen zu schaffen, wie Prof. Dr. Roland Jahns (ibdw,
Universitätsklinikum Würzburg) erläuterte. Dazu zählen auch Veranstaltungen wie
Eröffnungsfeier, Messeauftritte, Einladung zum „Tag der offenen Biobank“ und
Podiumsdiskussionen, bei denen die Öffentlichkeit aktiv involviert wird.
German Biobank Node – Konzepte für Biobanken-Kommunikation

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Wiebke Lesch präsentierte Zwischenergebnisse einer laufenden Patientenbefragung.
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Im Rahmen des Projektes „German Biobank Node“ (GBN), das
auch ein Arbeitspaket zum Thema Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
umfasst, soll ein strategisches Konzept erarbeitet werden, um ein transparentes
und positives Bild des Biobanking in Deutschland zu vermitteln und das
Vertrauen der Öffentlichkeit in den Aufbau und Betrieb dieser
Forschungsressourcen zu stärken. Wiebke Lesch (Kompetenznetz Angeborene
Herzfehler) und Antje Schütt (TMF) stellten erste Zwischenergebnisse einer noch
laufenden Befragung von Patienten, die in eine Probenspende eingewilligt haben,
vor. Es zeigt sich, dass sich der Großteil der Befragten bei der Spende von
Blut oder Gewebe für eine Biobank sicher fühlt. Gerade bei akuter Erkrankung
können sich die Patienten jedoch häufig kaum noch an einzelne Aspekte der
Einwilligungserklärung erinnern. Ihre Motivation für die Spende begründen die
Befragten vor allem mit dem Nutzen für die Forschung und einer zukünftigen
Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten, seltener mit persönlichen Vorteilen.
Die Ergebnisse der Befragung und weiterer Interviews und Analysen sollen die
Grundlage bilden für die Entwicklung des Kommunikationskonzeptes.
Weiterführende Informationen:
- Simeon-Dubach, D./Watson, P. (2014): Biobanking 3.0:Evidence based and customer focused biobanking
- UK Biobank
- Nationale Kohorte
- Nationales Register für angeborene Herzfehler
- Deutsches Zentrum für Lungenforschung
- Interdisziplinäre Biomaterial- und Datenbank Würzburg
- German Biobank Node (GBN)