S3-Labore: Beratung und Austausch über Ländergrenzen hinweg sinnvoll
Wissenschaftler und Vertreter von Genehmigungsbehörden diskutierten über Herausforderungen bei der Genehmigung gentechnischer Anlagen der Sicherheitsstufe 3
Quelle: Alexander Raths/
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10.07.2015. Mehr
Erfahrungsaustausch, größere Transparenz und Möglichkeiten zur Weiterbildung
wünschten sich die Manager von Laboren der Sicherheitsstufe 3 im Rahmen eines
TMF-Workshops, zu dem am 7. Juli 2015 Betreiber von S3-Laboren und Vertreter
von Genehmigungsbehörden zusammenkamen. Die Diskussionen machten deutlich, dass
das Genehmigungsverfahren für gentechnische Anlagen, für die die biologische
Sicherheitsstufe 3 gilt, für Wissenschaftler wie für Behörden eine
Herausforderung ist. Eine frühe Einbindung der zuständigen Behörden in die
Planung eines solchen Labors und den Brandschutz sei unbedingt zu empfehlen, so
die Erfahrung von beiden Seiten.
Die Genehmigung gentechnischer Anlagen der Sicherheitsstufe
3 ist keine alltägliche Aufgabe für die Behörden in den Ländern. Darauf wies
Dr. Andre Johann vom Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz des
Saarlandes hin. Bundesweit würden pro Jahr etwa fünf oder sechs solcher Projekte
zugelassen. Das Gros der Genehmigungen beziehe sich dagegen auf Anlagen der Sicherheitsstufen
1 und 2 oder auf Arbeiten mit genehmigungspflichtigen Erregern. Johann betonte
auch, dass mit dem Genehmigungsvorbehalt zugleich ein Genehmigungsanspruch
einherginge, ein Fakt, der in den Diskussionen zum Thema oft übersehen würde.
Die Behörden hätten außerdem auch eine Pflicht zur Beratung.
Verfahren unterscheiden sich zwischen Bundesländern
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Prof. Dr. Stefan Ludwig (Univ.
Münster) leitete den Workshop. |
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Während manche Wissenschaftler wie Behördenvertreter zum
ersten Mal mit der Beantragung und Genehmigung einer S3-Anlage konfrontiert
sind, haben andere bereits beträchtliche Erfahrung aufgebaut. So beispielsweise
Dr. Thomas Grunwald (Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie), der
den Prozess an verschiedenen Standorten bereits vier Mal durchlaufen hat: in
Erlangen, zwei Mal in Leipzig und in Bochum. Dabei habe sich unter anderem auch
gezeigt, dass sich die Verfahren und Vorgaben beispielsweise zwischen
Nordrhein-Westfalen und Sachsen deutlich unterschieden. „Beratung und Gespräche
mit Behördenvertretern über Ländergrenzen hinweg wären sinnvoll“, so Grunwald.
Eventuell könnte es auch helfen, ein Forschungsinstitut zu beauftragen, um
Probleme der sicheren Handhabung gentechnisch veränderter Organismen (GVO) zu
validieren.
Es gelten zahlreiche verschiedene regulatorische Vorgaben
für Laboratorien der Stufe 3. Wie Dr. Ulrike Swida von der Behörde für
Gesundheit und Verbraucherschutz in Hamburg erläuterte, gibt es aber
insbesondere zwischen der Biostoffverordnung (BioStoffV) und der
Gentechniksicherheitsverordnung (GenTSV) viele Parallelen. Anhang II der
BioStoffV (TRBA 100) und Anhang III der GenTSV regeln jeweils die
baulich-technischen, organisatorischen und persönlichen Schutzmaßnahmen. Anhang
III der GenTSV sei auf Grundlage einer früheren Version der TRBA 100 formuliert
worden, die jedoch in der Zwischenzeit mit Blick auf die praktischen
Anforderungen weiterentwickelt worden sei. Ein wichtiger Unterschied im
strukturellen Aufbau der beiden Regelungen sei, dass die TRBA 100 die
Anforderungen für jede Schutzstufe jeweils komplett darstelle, während Anhang
III der GenTSV die Stufen aufeinander aufbauend beschreibe, was für den Nutzer
etwas mehr Rechercheaufwand bedeute.
Regelmäßige Weiterbildung der Beteiligten ist erforderlich
Regelmäßige Weiterbildung für alle am Betrieb und am
Genehmigungsverfahren von S3-Anlagen Beteiligten ist dringend erforderlich,
betonte Dr. Jürgen Mertsching (Medizinische Hochschule Hannover). Sowohl die
BioStoffV als auch die GenTSV gehen auf das Thema Weiterbildung ein: Nach
GenTSV gebe es den staatlich anerkannten Lehrgang als Eingangsvoraussetzung für
Projektleiter und die jeweiligen Beauftragten für biologische Sicherheit, es
fordere aber nicht explizit eine regelmäßige Weiterbildung. Dagegen gebe es in
der BioStoffV die explizite Forderung einer regelmäßigen Weiterbildung, aber
bisher keine verbindlich geregelten Weiterbildungsinhalte. Einzelne bereits
bestehende Weiterbildungsmodule müssten aktualisiert werden und könnten dann
als Basis für ein regelmäßiges Angebot dienen.
Als Vertreter und aktueller Vorsitzender der
Bund-/Länder-Arbeitsgemeinschaft Gentechnik (LAG) – eines Arbeitsgremiums der
Umweltministerkonferenz – zeigte Dr. Andre Johann auf, dass die Länder das
Thema Harmonisierung bereits gemeinsam bearbeiten, ihre Erfahrungen
untereinander austauschen und auch mit den Nutzern im Austausch stehen. Wünsche
nach weiterer Harmonisierung könnten – sehr gut vorbereitet – über eines der
Länder in die LAG eingebracht werden.
Fortsetzung des Dialogs gewünscht
In der abschließenden Diskussion wünschten sich die
Teilnehmer eine Fortsetzung des mit diesem Workshop initiierten Dialogs. Auch
der Erfahrungsaustausch der S3-Manager untereinander sollte – im Sinne einer
„S3 User Group“ – intensiviert werden.
Der Workshop war Bestandteil eines TMF-Projekts zurEruierung der Möglichkeiten zur Entwicklung differenzierter risikobezogenerBrandschutzstandards für S3-Laboratorien. Die fachliche Leitung hatten Dr.
Sabine Dudek und Prof. Dr. Stephan Ludwig (beide Universität Münster). Ludwig
ist auch Sprecher der TMF-Arbeitsgruppe Zoonosen und Infektionsforschung und
einer der drei Projektleiter der Nationalen Forschungsplattform für Zoonosen.
Weiterführende Informationen
- Download Programmflyer [pdf | 400 KB]
- Leitlinien zu Tätigkeiten mit Biostoffen des Länderausschusses für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) [pdf | 3,1 MB]
- Universität
Göttingen: Training school for BSL-3/4 laboratory scientists und Publikation Working in Biosafety Level 3 and 4 Laboratories
- Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Gentechnik,
dort auch Formblätter GenTG,
allerdings können die Vorgaben in den einzelnen Ländern davon ggf. abweichen.
Download der Vortragsfolien
(Wir
weisen darauf hin, dass die Vortragsfolien dem Nachvollziehen der Veranstaltung
dienen und ohne ausdrückliche Zustimmung der Autoren nicht zur weiteren
Verwendung genutzt werden dürfen.)
- Dudek und Pfister: Arbeitsweise und rechtliche Stellung der ZKBS
[PDF | 193 kB]
- Grunwald: Erfahrungen bei der Genehmigung von gentechnischen Anlagen
[PDF | 1,74 MB]
- Johann: Genehmigung gentechnischer Anlagen der Sicherheitsstufe 3
[PDF | 241 kB]
- Johann: Rolle der LAG bei der Harmonisierung des Vollzuges des Gentechnikrechtes
[PDF | 236 kB]
- Mertsching: Regelmäßige Weiterbildung in der Stufe 3: Was regelt die BioStoffV, was die GenTSV?
[PDF | 2,29 MB]
- Siejak: Stellenwert und medizinische Relevanz der Risikogruppe 3 Forschung
[PDF | 1,02 MB]
- Swida: BioStoffV/Gentechnikrecht: Was ist für Laboratorien der Stufe 3 geregelt?
[PDF | 708 kB]
- Knorr: Kommunikation im S3-Labor: Erfahrungen an der Medizinischen Hochschule Hannover
[PDF | 152 kB]