Salmonellen – ein komplexes Thema in Human- und Veterinärmedizin
Forschungs- und Vernetzungsbedarf besteht weiterhin
15.03.2016. Am 2. März 2016 fand in Berlin der Workshop „Salmonellen –
ein komplexes Thema in Human- und Veterinärmedizin“ mit Vertreterinnen und
Vertretern aus Wissenschaft und Öffentlichem Veterinär- und Gesundheitsdienst
statt. Die Veranstaltung wurde von der Akademie für öffentliches
Gesundheitswesen Düsseldorf und der Nationalen Forschungsplattform für Zoonosen
initiiert, um zwischen Forschung und Anwendung anhand eines konkreten Themas in
einen Dialog einzutreten.
Mit fast 60 Teilnehmern war die Veranstaltung vollständig
ausgebucht. Die Zusammensetzung des Teilnehmerkreises aus verschiedensten
Instituten und Ämtern führte zu ausführlichen Diskussionen nach jedem Vortrag,
da in diesem Rahmen die verschiedenen Sichtweisen, Wahrnehmungen,
Interpretationen und Umgangsweisen zur Salmonellen-Thematik ausgetauscht werden
konnten. Es war sehr bereichernd, die Daten aus Human- und Tiermedizin zum
Vorkommen von Salmonellosen vergleichend zu betrachten, Bekämpfungsstrategien
und Meldeverhalten bei der Dateninterpretation mit zu berücksichtigen und die
großen – auch gesetzgeberischen – Unterschiede zum Umgang mit Salmonellosen bei
den verschiedenen Nutztierarten und den Effekt auf Salmonellosen beim Menschen
zu sehen.
Salmonellen passen sich hervorragend an Umwelbedingungen und Wirte an
Dr. Karsten Tedin vom Fachbereich Veterinärmedizin der Freien
Universität Berlin gab in seinem Einleitungsvortrag einen Überblick über die
Einteilung von Salmonellen, deren Wirtsspezifität und einige Pathogenitätsmechanismen
und führte die geradezu faszinierende Anpassungsfähigkeit von Salmonellen an
verschiedene Umweltbedingungen und Wirte aus. Er legte damit eine wichtige
Basis zum Verständnis des verbreiteten Vorkommens von Salmonellen bei Menschen
und in verschiedenen Tierarten.
Erhöhtes Infektionsrisiko für Halter von Reptilien – insbesondere Kinder sind gefährdet
Prof. Dr. Wolfgang Rabsch vom Robert Koch-Institut, Standort
Wernigerode, berichtete anschaulich vom Risiko für eine Salmonellen-Infektion,
das von Reptilien ausgeht. Auch wenn der Anteil der Salmonellosen bei Menschen,
der durch Reptilienkontakt ausgelöst wird, sehr gering ist, betrifft dieses
Szenario eine besonders empfängliche und empfindliche Bevölkerungsgruppe,
nämlich kleine Kinder. Da die Erkrankungen schwerwiegend verlaufen können, rät er
dazu, kleine Kinder von Reptilien fernzuhalten und, falls Reptilien und kleine Kinder
in einem Haushalt zusammenleben, Hygieneregeln streng einzuhalten, um die
Kinder vor Infektionen zu schützen.
Dr. Frank Mutschmann, Fachtierarzt für Reptilien, stellte in
seinem Vortrag verschiedene, sogenannte exotische Heimtiere – von Reptilien
über Amphibien bis zu Spinnentieren und Insekten – sowie die von ihnen ausgehenden, potenziellen
Krankheiten und Gefahren vor. Er wies auch darauf hin, dass er als Teil der
Fachgruppe Zier-, Zoo- und Wildvögel, Reptilien, Amphibien und Fische der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft zusammen mit dem Robert
Koch-Institut eine Stellungnahme zu Reptilien und Salmonellen herausgegeben
hat, um Haltern und Gesundheitsbehörden eine Orientierung zu bieten.
Deutlicher Rückgang von Salmonellosen zu verzeichnen
Dr. Christina Frank vom Robert Koch-Institut in Berlin stellte
anschließend die aktuellen Fallzahlen sowie die Entwicklung von
Salmonellen-Erkrankungen beim Menschen vor. Es zeichnet sich erfreulicherweise
ein deutlicher Rückgang von Salmonellosen ab. Frau Frank berichtete auch von zahlreichen
Ausbruchsuntersuchungen, bei denen die jeweiligen Infektionsquellen
identifiziert werden konnten. Als konkretes Hilfsmittel für
Ausbruchsuntersuchungen empfahl sie das Linelist-Tool, das über die RKI-Website zur Verfügung gestellt wird.
Frau Frank erklärte zudem, dass Mensch-zu-Mensch-Übertragungen bei der
Verbreitung von Salmonellen nur eine untergeordnete Rolle spielen, was für die
Epidemiologie und für den Umgang mit Erkrankten und Genesenden relevant ist. Nach
dem Vortrag wurde die Interpretation der vorgestellten Fallzahlen zwischen den
Teilnehmenden intensiv diskutiert. Einerseits scheint ein verändertes
Untersuchungsverhalten bei Durchfallerkrankungen in der Versorgung zu den
sinkenden Fallzahlen zu führen, andererseits ist ein Erfolg in der
Salmonellenbekämpfung in der Tiermedizin ein erheblicher Faktor für den
nachweisbaren Rückgang von Salmonellosen in der Bevölkerung.
Unterschiedliche Nutztierarten verlangen unterschiedliche Bekämpfungsprogramme
Den tiermedizinischen Belangen widmete sich Dr. Methner vom
Friedrich-Loeffler-Institut. Er nutzte seine Vortragszeit, um die
verschiedenen gesetzlich vorgegebenen Vorgehensweisen zu Salmonellosen
verschiedener Nutztierarten – Rind, Schwein, Geflügel – gegenüberzustellen und
die Bekämpfungsprogramme vorzustellen. Er wies auch darauf hin, dass
insbesondere in der Schweinehaltung auch die Mastbetriebe eine Eigenkontrolle
eingeführt hätten, die den gesetzlichen Rahmen ergänzten. Eine besondere
Herausforderung sei die Salmonellen-Bekämpfung bei Geflügel gewesen, da hier
neben der horizontalen Übertragung auch die vertikale Übertragung über das Ei
auf die nachfolgende Generation eine bedeutende Rolle spielt. Insgesamt konnten
aber gerade im Geflügel-Bereich in den vergangenen Jahren große
Bekämpfungserfolge verzeichnet werden.
Im abschließenden Vortrag stellte Frau Dr. Alt vom
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) den aktuellen Stand zum Nachweis von
Salmonellen in Lebensmitteln vor. Am BfR werden im Rahmen von EU-weit
vorgeschriebenen Monitorings seit dem Jahr 2009 Lebensmittelproben auf
Salmonellen untersucht und der Nachweis von Salmonellen mit den vorgegebenen
Bekämpfungszielen verglichen. Die Ergebnisse fließen in EU-Berichte ein. Frau
Alt konnte zeigen, dass die Bekämpfungsziele, die für 2014 für Geflügel
gesteckt waren, erreicht werden konnten. Im Bereich Schweine gibt es noch
Verbesserungspotenzial. Ein Aspekt könnte dabei sein, dass bislang nur
Mastschweine, jedoch nicht Elterntiere und Ferkel untersucht werden.
Bedarf an interdisziplinärerem Austausch und multidisziplinärer Ausbildung bleibt bestehen
Zum Abschluss der Veranstaltung, die den zeitlichen
Rahmen unter anderem aufgrund der angeregten Diskussionen nach den Vorträgen
etwas strapaziert hatte, wurde diskutiert, welche Themen besonderen Forschungs-
und Vernetzungsbedarf aufzeigten. Dabei wurde angeregt, die interdisziplinäre
Kommunikation zu stärken und den Nachwuchs in der human- und veterinärmedizinischen
Ausbildung früher an multidisziplinäres Arbeiten, das Bekämpfungserfolge, wie
sie bei Salmonellosen zu verzeichnen sind, erst möglich mache, heranzuführen
und dafür zu begeistern. Zudem wurden gemeinsame Netzwerke, die sich aus
Vertretern aus Forschung, Ämtern und Wirtschaft zusammensetzen, angeregt.
Hierbei sollten möglichst auch Landwirte und die Fleischwirtschaft einbezogen
werden.
- Download der Vortragsfolien und weitere Fotos (Webseite der Nationalen Forschungsplattform für Zoonosen)
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Die Workshopsreferenten v. l. n. r.: Sebastian C. Semler (TMF),
Dr.
Christina Frank (Robert Koch-Institut), Dr. Katja Alt (Bundesinstitut für
Risikobewertung), Dr. Karsten Tedin (Institut für Mikrobiologie und
Tierseuchen, FB Veterinärmedizin, Freie Universität Berlin), Dr. Frank
Mutschmann (Exomed – Institut für veterinärmedizinische Betreuung niederer
Wirbeltiere und Exoten), Dr. Ulrich Methner (Friedrich-Loeffler-Institut), Dr.
Wolfgang Rabsch (Robert Koch-Institut), Dr. Peter Tinnemann (Akademie für öffentliches
Gesundheitswesen Düsseldorf)
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