Pressemitteilung

Fachgesellschaften und Ver­bände fordern Verbesserung der Notfallreform

Digitale Dokumentation, Inter­operabilität und wissenschaftliche Evaluation müssen Kernbestandteile werden

Ein Rettungswagen, der durch die Stadt fährt. Die Umgebung um ihn herum ist verschwommen.

© iStock.com/Alexander Shelegov

Das Aktionsbündnis AKTIN e. V. hat gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), dem Deutschen Netzwerk Versorgungsforschung (DNVF) und der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung (TMF) eine Stellungnahme  zur geplanten Reform der Notfallversorgung herausgegeben. Darin weisen die Organisationen darauf hin, dass der Erfolg der Notfallreform maßgeblich von einer konsequenten digitalen und interoperablen Umsetzung abhängt.

„Eine moderne Notfallversorgung kann nur dann wirksam gesteuert, evaluiert und weiterentwickelt werden, wenn alle an der Versorgung beteiligten Einrichtungen vollständig, strukturiert und auswertbar über die Sektorengrenzen hinweg dokumentieren“, betont Univ.-Prof. Dr. Rainer Röhrig, Vorstandsvorsitzender der TMF. Die Notfallreform adressiert zentrale Herausforderungen der akutmedizinischen Versorgung. Damit sie ihr Potenzial entfalten kann, müssen Daten digital konsequent nutzbar sein, sowohl für die Versorgung als auch für Forschung, Qualitätssicherung und Public Health.

Zentrale Punkte der gemeinsamen Position 

Die beteiligten Organisationen betonen in der Kommentierung übereinstimmend, dass eine durchgängige digitale Dokumentation aller Leistungserbringer – von Leitstellen über Notdienstpraxen und Rettungsdiensten bis hin zu Notaufnahmen – unerlässlich ist, um Prozessqualität, Steuerung und wissenschaftliche Bewertung der Maßnahmen zu ermöglichen. Weiterhin fordern sie eine eindeutige Identifizierbarkeit aller beteiligten Leistungserbringer. Nur so lassen sich Versorgungspfade nachvollziehen, regionale Unterschiede analysieren und Wirkmechanismen der Reform valide untersuchen. Auch wird ein abgestimmtes Mindestset an soziodemografischen Angaben benötigt, um Effekte in Patientengruppen differenziert beurteilen zu können, beispielsweise hinsichtlich Alter, Geschlecht oder regionaler Faktoren.

Notfalldaten müssen entlang der gesamten Versorgungskette digital verfügbar sein 

Notfalldaten müssen die gesamte Versorgungskette begleiten, sodass sie an jeder Stelle eines Notfalls digital verfügbar sind – ohne Medienbrüche, zeitliche Verzögerungen oder Informationsverlust. Außerdem sollten Entscheidungsunterstützungs- und Steuerungssysteme wissenschaftlich geprüft und kontinuierlich validiert werden. „Wir begrüßen die Einführung digitaler Entscheidungsunterstützungssysteme. Wichtig hierbei ist, dass die Systeme eine klare Zweckbestimmung haben müssen. Vor deren Einführung müssen sie mit adäquater wissenschaftlicher Methodik validiert werden. Durch ein kontinuierliches Monitoring und eine sektorenübergreifende Re-Evaluation durch neutrale Stakeholder muss dann gewährleistet werden, dass die Systeme auch über die Zeit weiterhin das leisten, was sie leisten sollen, unterstreicht Univ.-Prof. Dr. André Scherag von der GMDS. 

Digitale Systeme dürfen erst dann in der Versorgung eingesetzt werden, wenn ihre Funktionsfähigkeit, Sicherheit und Wirksamkeit belastbar belegt ist, fordern die Autoren. „Für die wissenschaftliche Evaluation der Maßnahmen ist die digitale Dokumentation zwingend erforderlich. Dabei ist insbesondere notwendig, dass alle Leistungserbringer – Akutleitstellen, Notdienstpraxis, Integrierte Notfallzentren, Notfallrettung etc. – eindeutig identifizierbar sind.

In der Kommentierung fordern die Organisationen weiterhin, dass der Zugang zu Notfalldaten zu Zwecken der Forschung, Public-Health-Surveillance und Qualitätssicherung interoperabel und datenschutzkonform ausgestaltet sein muss. Insbesondere die Etablierung eines technisch einheitlichen, rechtssicheren Rahmens zur Datennutzung ist erforderlich, damit Erkenntnisse aus Versorgung und Wissenschaft in die Weiterentwicklung des Systems zurückfließen können.

Ambulante und klinische Versorgung besser verzahnen

Mit der geplanten Einführung Integrierter Notfallzentren (INZ) und einer engeren Verzahnung von ambulanter und klinischer Akutversorgung sollen Patientinnen und Patienten schneller und zielgerichteter in passende Strukturen gesteuert werden. Dr. med. Bernadett Erdmann, Vorsitzende des AKTIN e. V., fordert deshalb: „Die Daten müssen die Patientinnen und Patienten begleiten und jederzeit in jeder Notfallsituation an jeder Stelle verfügbar sein.“

Die unterzeichnenden Organisationen unterstützen dieses Ziel ausdrücklich. Gleichzeitig machen sie deutlich, dass die Reform nur dann nachhaltig wirken kann, wenn digitale Datenprozesse von Beginn an als tragende Säule angelegt werden. Dazu gehören insbesondere einheitliche, interoperable Dokumentationsstandards, verlässliche technische Strukturen für sektorenübergreifende Datennutzung, klare Regelungen für Datenschutz, IT-Sicherheit und Datenqualität, sowie ein wissenschaftlich anschlussfähiges Datenmodell, das Versorgungsforschung, Qualitätsmonitoring und Public-Health-Surveillance ermöglicht.

„Eine evidenzbasierte Gesundheitspolitik ist enorm wichtig“, erläutert der Unfallchirurg und Notfallmediziner Univ.-Prof. Dr. Felix Walcher, Vorsitzender des AKTIN e. V. Die Notfallreform bietet die historische Chance, die akutmedizinische Versorgung in Deutschland grundlegend zu verbessern. Damit dies gelingt, müssen digitale Dokumentation, Interoperabilität und wissenschaftliche Evaluation von Anfang an verbindliche Bestandteile des neuen Systems werden. Die beteiligten Fachorganisationen bieten ihre Expertise an, um die Umsetzung der Reform datenbasiert, wissenschaftlich fundiert und praxistauglich zu begleiten.

 

Pressekontakt

Wiebke Lesch
Tel.: +49 30 2200 24731
Mobil: +49 177 2663257 
E-Mail: presse@tmf-ev.de
LinkedIn: https://www.linkedin.com/company/tmf-e-v/

Über die TMF e.V.

Über die TMF e.V.

Die TMF – Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. steht für Forschung, Vernetzung und Digitalisierung in der Medizin. Sie ist die Dachorganisation der medizinischen Verbundforschung in Deutschland, im Rahmen derer Spitzenforscherinnen und -forscher Wissen austauschen, gemeinsam Ideen und Konzepte entwickeln und so die Zukunft der medizinischen Forschung im digitalen Zeitalter gestalten.