Die Herausforderungen für Biobanken liegen im nachhaltigen Betrieb und in der Vernetzung der Strukturen
ISBER 2016: Deutsche Biobanken-Netzwerke präsentierten sich einem internationalen Publikum
15.04.2016. Biobanking in Deutschland hat in den vergangenen Jahren
unter anderem durch umfassende Fördermaßnahmen einen großen Aufschwung
erfahren. Nachdem gut funktionierende Infrastrukturen etabliert wurden, sei es
nun an der Zeit, eine bessere Vernetzung untereinander zu erreichen. Dies
betonten führende Experten deutscher Biobanken und
Biobanken-Netzwerke beim National Biobanking Day der
ISBER-Jahrestagung am 5. April 2016 in Berlin.
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Prof. Dr. Michael
Krawczak |
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Eine Plattform für Biobanken-Aktivitäten ist seit mittlerweile 12 Jahren die TMF, die den National Biobanking Day in Partnerschaft mit ISBER ausgerichtet hat. „Bedürfnisse und Probleme zu lösen, die in der Forscher-Community entstehen, ist Hauptanliegen der TMF. In den vergangenen Jahren kann sie auf vielfältige Erfolge im Bereich des Biobankings zurückblicken“, sagte Prof. Dr. Michael Krawczak (Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel), Vorsitzender des TMF-Vorstands. Krawczak betonte die Bedeutung der TMF-Arbeitsgruppe Biomaterialbanken für den interdisziplinären Austausch innerhalb der Community. Darüber hinaus habe die TMF durch Aktivitäten wie die Ausrichtung des jährlich stattfindenden Nationalen Biobanken-Symposiums, die Einbindung in BBMRI-ERIC oder die Unterstützung der zentralisierten Biobanken (cBMB) die Biobanken-Community aktiv unterstützt.
Deutsches Biobanken-Register:
Anreize sind notwendig
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Dr. Roman Siddiqui
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Eine zentrale Infrastruktur, die die TMF betreibt, ist das
Deutsche Biobanken-Register (DBR), das eine öffentlich zugängliche Übersicht
über die in Deutschland bestehenden medizinisch relevanten Biobanken gibt.
„Ziel des Deutschen Biobanken-Registers ist es, Biobanken sichtbarer und besser
nutzbar zu machen“, erklärte Dr. Roman Siddiqui (TMF). „Die Erfahrungen der
letzten Jahre haben allerdings gezeigt, dass Anreize notwendig sind, um
Forscher dazu zu motivieren, ihre Probenbestände im Biobanken-Register
einzutragen“, so Siddiqui. Anreize könnten beispielsweise durch den Gesetzgeber
oder Förderer geschaffen werden, indem sie auf die Registrierung im
Biobanken-Register bestünden. Die Selbstdarstellung in Registern ist der erste
Schritt zur Umstellung vom analogen Datenhandling in die digitale Welt.
Biobanken als Scharnier für die translationale Forschung
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Prof. Dr. Peter
Schirmacher
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Ein harmonisiertes Biobanken-Management ist eine der
Herausforderungen, vor der die Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung (DZG)
stehen, erklärte Prof. Dr. Peter Schirmacher (Universitätsklinikum Heidelberg).
Die DZG widmen sich der Erforschung von Volkskrankheiten und verfolgen das
Ziel, den translationalen Prozess vom Forschungsergebnis zur Anwendung beim
Patienten zu verbessern. Die Zentren sind auf eine Vielzahl von Standorten
verteilt und darauf angewiesen, vorhandene Kompetenzen über diese Standorte
hinweg zu bündeln. Dabei können sie auf eine erfolgreiche Implementierung von
Biobanken in den letzten Jahren zurückblicken. Zukünftig sei es laut Schirmacher
aber geboten, eine organisatorische und finanzielle Nachhaltigkeit
herbeizuführen und die Kooperation untereinander, beispielsweise durch gemeinsame
Gremienarbeit, erfolgreich aufrecht zu erhalten.
Biobanken-Netzwerke
gewinnen an Bedeutung
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Prof. Dr. Michael Hummel |
„Biobanken sind die zentrale Ressource, um exzellente
biomedizinische Forschung zu unterstützen“, hob Prof. Dr. Michael Hummel
(Charité − Universitätsmedizin Berlin)
hervor. Da eine Biobank allein aber oftmals keine ausreichend großen
Probensammlungen bereitstellen könne, sei eine Vernetzung untereinander
notwendig. Diese Biobanken-Netzwerke gewinnen als Infrastruktur zunehmend an
Bedeutung, so Hummel. Der German Biobank Node (GBN, Deutscher Biobankenknoten),
eine zentrale Kontakt- und Vermittlungsstelle für die deutsche
Biobanken-Gemeinschaft, richtet sich an alle nationalen Biobanken und
Verbundnetzwerke und darüber hinaus an Politik, Presse, Patientenvertreter,
Industrie und Förderinstitutionen und koordiniert die deutschen
Biobanken-Aktivitäten. Er repräsentiert zugleich Deutschland im europäischen
Netzwerk von Biobanken (BBMRI-ERIC).
NAKO-Biobank als umfassende
epidemiologische Ressource für die Zukunft
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Prof. Dr. Annette
Peters |
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Eine groß angelegte populationsbasierte Biobank entsteht
zurzeit im Rahmen der NAKO Gesundheitsstudie mit 200.000 angestrebten Probanden.
Im Rahmen der Studie werden zwei Drittel der erhobenen Proben zentralisiert
aufbewahrt. „Die NAKO Gesundheitsstudie erhebt eine einzigartige Breite von
Bioproben, von der auch die Community in Zukunft profitieren können wird. Das
macht sie als epidemiologische Ressource äußerst wertvoll“, verdeutlichte Prof.
Dr. Annette Peters (Helmholtz Zentrum München).
Mehr Akzeptanz gegenüber Biobanking in Fakultäten und Kliniken
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Prof. Dr. Roland Jahns |
Der Aufschwung in der Biobanken-Landschaft während der
letzten Jahre habe auch zu einem Bewusstseinswandel und mehr Akzeptanz in
Fakultäten und Kliniken geführt, erklärte Prof. Dr. Roland Jahns
(Universitätsklinikum Würzburg) am Beispiel der zentralisierten Biobanken
(cBMB). Gleichwohl bleibe noch viel zu tun, beispielsweise eine Nachhaltigkeit
der neu und erfolgreich geschaffenen Strukturen sicherzustellen. Auch dies sei
nur durch Vernetzung und einer Kommunikation auf dem IT-Level möglich, so
Jahns.
Netzwerkmanagement
und Kommunikationsfähigkeit erforderlich

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PD Dr.
Thomas Pickardt |
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Dass Akzeptanz und Vertrauen neben den hohen technischen,
ethischen und rechtlichen Erfordernissen wichtige Faktoren im Umgang mit
Bioproben und dem Arbeiten im Netzwerk sind, stellte auch PD Dr. Thomas
Pickardt (Kompetenznetz Angeborene Herzfehler) dar. Er beschrieb den Weg der Bioproben,
die im Rahmen von Studien für das Kompetenz Angeborene Herzfehler erhoben
werden sowie die dazugehörige Netzwerk-Infrastruktur. „Unterschätzen Sie nicht
die Anstrengungen, die erforderlich sind, um eine Win-win-Situation für alle
Beteiligten zu erreichen. Ein erfolgreiches Netzwerk-Management und
Kommunikationsfähigkeit sind unerlässlich“, betonte Pickardt.
Biobanken profitieren
von der Integration in lokale Forschungs- und Versorgungsstrukturen
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PD Dr. Esther Herpel
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PD Dr. Esther Herpel (Universitätsklinikum Heidelberg)
betonte die Rolle des Biobankings für eine erfolgreiche translationale
Krebsforschung und zeigte zentrale Anforderungen an das Biobanking auf. Laut
Herpel sollten Biobanken in die bestehenden lokalen Forschungs- und
Versorgungsstrukturen integriert werden, um so den Gebrauch von Bioproben
effizient zu gestalten, Synergien zu schaffen und Qualitätsstandards sicherzustellen.
Gleichzeitig appellierte auch sie an die Teilnehmer der Tagung, an Netzwerken
teilzuhaben und zusammenzuarbeiten.
Die Qualität der Bioproben hat großen Einfluss auf die Qualität der
Forschung
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Dr. Helen
Moore |
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Wie evidenzbasiertes Biobanking vorangetrieben werden kann,
um auf lange Sicht die Qualität der Forschung zu verbessern, illustrierte Dr. Helen
Moore (NIH / National Cancer Institute, USA) in ihrer Keynote. „Die Qualität
von biomedizinischer Forschung beruht auch auf der Qualität der Bioproben.
Deshalb ist es essentiell, die Prozesse, die mit diesen Bioproben verbunden
sind, zu optimieren.“, sagte Moore. Dies erfordere evidenzbasierte Standards,
die in Forschung und Versorgung entwickelt und unter den an den Proben teilhabenden
Gruppen kommuniziert werden müssten. Aus diesem Grund gebe das National Cancer
Insitute seit 2007 einen Best Practice-Leitfaden heraus, der laufend
aktualisiert wird. Ziel der Veröffentlichung dieses Leitfadens sei, eine
Grundlage für den operativen Umgang mit Bioproben in der Krebsforschung zu
bieten und sich damit dem ständig weiterentwickelnden state of the science anzupassen.
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Dr. Jim
Vaught, ISBER-
Vorsitzender 2015-16 |
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V.l.n.r.: Dr. Roman Siddiqui
(TMF), Dr. Jim
Vaught (ISBER),
Sebastian C. Semler (TMF) |
Der National Biobanking Day war in die Jahrestagung der
internationalen Organisation ISBER eingebettet, die in Partnerschaft mit der
TMF vom 5. bis 8. April 2016 stattfand. Der ISBER-Vorsitzende Dr. Jim Vaught
wies während seiner Eröffnungsrede auf die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen
ISBER und der TMF hin, die vor zwei Jahren in Orlando begann und in kurzer Zeit
mit der gemeinsamen Austragung der ISBER-Jahrestagung 2016 wertvolle Früchte
getragen habe.
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Der National Biobanking Day traf mit mehr als 160 Teilnehmern beim internationalen
Publikum der ISBER-Tagung auf große Resonanz. |
Vorträge während des ISBER National Day 2016:
(Ggf. wurden Abbildungen aus urheberrechtlichen Gründen
entfernt)
- Prof. Dr. Michael Krawczak (UniversitätsklinikumSchleswig-Holstein, Campus Kiel): TMF −12 Years a Platform for Biobanking in Germany [PDF | 1,3 MB ]
- Prof.Dr. Peter Schirmacher (Universitätsklinikum Heidelberg): Biobanking in theGerman Centers for Health Research [PDF | 2 MB]
- Dr. Roman Siddiqui (TMF): The German Biobank Registry − Vision and Lessons Learned [PDF | 1 MB ]
- Prof.
Dr. Michael Hummel (Charité − Universitätsmedizin Berlin): The German Biobank Node: National
coordination and central point of contact for BBMRI-ERIC
- Prof. Dr. Annette Peters (Helmholtz Zentrum
München): National Cohort & Populations-Based Biobanking
- Prof. Dr. Roland Jahns (UniversitätsklinikumWürzburg): Success Model of Centralizing Biobank-Sites [PDF | 4 MB ]
- PD
Dr. Thomas Pickardt (Kompetenznetz Angeborene Herzfehler): Clinical Biobanking
for Research in the Field of Congenital Heart Disease in Germany
- PD Dr. Esther Herpel (Universitätsklinikum Heidelberg): Biobanking for SuccessfulTranslational Oncology [PDF | 2 MB ]
- Dr. Helen Moore (NIH / National Cancer Institute, USA): Moving TowardEvidence-Based Biobanking [PDF | 1 MB ]