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Biobanken-Symposium 2025: Eine Biobank-Plattform für Deutschland

Expertinnen und Experten kamen vom 22.-23. September 2025 in Berlin zusammen, um sich über aktuelle Biobanking-Themen auszutauschen – von den Aktivitäten des German Biobank Network bis hin zum Biosample Data Life Cycle.

PD Dr. Christian Stephan, Ida Schönfeld und Dr. Heidi Altmann auf dem Biobanken-Symposium 2025.

V. l. n. r.: PD Dr. Christian Stephan (IQVIA), Ida Schönfeld (Nationales Centrum für Tumorerkrankungen Dresden) und die Tagungspräsidentin Dr. Heidi Altmann (Universitätsklinikum Dresden). © TMF e.V./Volkmar Otto

Mit mehr als 200 Biobank-Expertinnen und Experten aus Forschung, Klinik und Industrie fand vom 22.-23. September 2025 das 13. Nationale Biobanken-Symposium in Berlin statt. Eröffnet wurde die Tagung von Matthias Hauer, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR). Er betonte in seinem Grußwort die große Bedeutung von Biobanken für die biomedizinische Forschung. Seit 2010 hat das Ministerium mit rund 40 Mio. Euro den Aufbau leistungsstarker Biobanken gefördert – Grundlage für das heutige German Biobank Network (GBN). Mit dem Koalitionsvertrag hat das Thema Biobanken nun eine neue politische Priorität: Im Rahmen des Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) soll der Weg zu einer Nationalen Biobank bereitet werden.

Tagungspräsidentin Dr. Heidi Altmann betonte, dass die geplante Nationale Biobank sehr gut an die Arbeit im German Biobank Network anknüpft, denn darüber seien die Biobanken bereits sehr gut vernetzt. „Um diese Vernetzung auf eine Nationale Plattform zu heben, befinden wir uns schon in der Konzeptphase. Hierzu sind Vertretende aus GBN, NUM, der Medizinischen Fakultäten, Industrievertretende und das Ministerium im Austausch“, so Altmann. 

TMF-Geschäftsführer Sebastian C. Semler brachte in seiner Begrüßung zum Ausdruck, dass sich die TMF als Veranstalter des Biobanken-Symposiums auf den intensiven Austausch über aktuelle Entwicklungen und innovative Konzepte zur Zukunft des Biobankings sehr freue.

Session 1: Aktivitäten und Projekte des German Biobank Networks (GBN)

Die erste Session des Symposiums stellte Aktivitäten des German Biobank Network (GBN) in den Mittelpunkt und zeigte, wie vielfältig das Netzwerk zur Weiterentwicklung von Biobanken beiträgt: von Fortbildungsangeboten über Qualitätssicherung bis hin zu Fragen der nachhaltigen Finanzierung.

Den Auftakt machte GBN-Vorstandssprecherin PD Dr. Sara Nußbeck (Universitätsmedizin Göttingen), die das umfangreiche Fortbildungs- und Trainingsprogramm des GBN präsentierte, das sich an Biobankpersonal, Studierende und weitere Interessierte richtet. Neben Webinaren und E-Learning-Modulen bietet das Netzwerk praxisnahe On-Site-Trainings an, in denen beispielsweise Techniken der DNA-Isolation oder Gewebeschnittverfahren vermittelt werden. Ziel sei es, die Professionalität von Biobanken und die Qualität von Proben langfristig durch qualifiziertes Personal zu sichern. Zahlen aus dem Jahr 2024 unterstrichen die Dimension des GBN: Insgesamt wurden 1.634 Forschungsprojekte unterstützt und über 500 Publikationen ermöglicht.

Im Anschluss berichtete Sven Heiling (Universitätsklinikum Jena) über drei Jahre Ringversuche mit flüssigen Bioproben. Er betonte, dass standardisierte und reproduzierbare Probenbearbeitungsprozesse entscheidend für die Qualität biomedizinischer Forschung sind – insbesondere, da bereits kleine präanalytische Abweichungen die Aussagekraft moderner Omics-Analysen erheblich beeinflussen können. Das vom GBN entwickelte modulare Ringversuchsprogramm ermöglicht eine systematische Bewertung zentraler Prozessschritte in der Biobankpraxis. Es liefert durch individuelle Rückmeldungen sowie strukturierte Auswertungen konkrete Ansätze zur Prozessoptimierung und Qualitätsverbesserung.

Ein weiteres zentrales Thema war die nachhaltige Finanzierung von Biobanken. Dr. Romy Kirsten (Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg) machte deutlich, dass Biobanken chronisch unterfinanziert sind, obwohl ihre Leistungen – von der qualitätsgesicherten Probenaufbereitung bis hin zum Datenmanagement – für viele Forschungsprojekte unverzichtbar sind. Um hier Abhilfe zu schaffen, hat die AG Finanzierung des GBN einen Leistungskatalog sowie ein Kalkulationstool entwickelt. Erstmals liegt damit ein umfassendes Konzept vor, das die Anforderungen und Dienstleistungen von Biobanken definiert, Nutzungspauschalen festlegt und klare Rahmenbedingungen für deren Anwendung in Drittmittelanträgen bietet. So können Biobankleistungen einheitlich und transparent kalkuliert werden: ein entscheidender Schritt, um die Rolle akademischer Biobanken sichtbar zu machen und ihre Finanzierung langfristig abzusichern.

Abschließend schlug Dr. Alexander Brobeil (Universitätsklinikum Heidelberg) die Brücke zwischen Routinediagnostik und Biobanking. Er zeigte, wie die enge Zusammenarbeit mit der Pathologie das Gewebebiobanking integral unterstützt und dadurch neue Potenziale für die Forschung eröffnet.

PD Dr. Sara Nußbeck auf dem Biobanken-Symposium 2025.

PD Dr. Sara Nußbeck, German Biobank Network und Universitätsmedizin Göttingen, Zentrale Biobank UMG. © TMF e.V./Volkmar Otto

Sven Heiling auf dem Biobanken-Symposium 2025.

Sven Heiling, Universitätsklinikum Jena, Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik und Integrierte Biobank Jena. © TMF e.V./Volkmar Otto

Dr. Romy Kirsten auf dem Biobanken-Symposium 2025.

Dr. Romy Kirsten, Integrierte Biobank Mannheim. © TMF e.V./Volkmar Otto

Dr. Alexander Brobeil digital zugeschalten vor dem Publikum des Biobanken-Symposiums 2025.

Dr. Alexander Brobeil, Universitätsklinikum Heidelberg, Pathologisches Institut Heidelberg. © TMF e.V./Volkmar Otto

Session 2: Aktivitäten und Projekte der nationalen Konsortien

In der zweiten Session des Nationalen Biobanken Symposiums stand die Vielfalt nationaler Konsortien im Mittelpunkt – von Infektionsnetzwerken über Mikrobiomforschung bis hin zum pädiatrischen Biobanking und Ernährungskohorten. Die Beiträge zeigten eindrucksvoll, wie Biobanken zur Verbesserung von Prävention, Diagnostik und Therapie beitragen können.

Dr. Richard Böhme vom Universitätsklinikum Leipzig stellte das Fachnetzwerk Infektionen (SNID) vor, das als nationale, multizentrische Kohortenstudie innerhalb des Netzwerks Universitätsmedizin (NUM) aufgebaut wurde. Ziel der Initiative ist die standardisierte Erhebung klinischer Daten und Bioproben bei Infektionserkrankungen, mit dem Fokus auf Pandemievorsorge, translationaler Forschung und Sentinel-Überwachung schwerer Verläufe.

PD Dr. Katherina Sewald vom Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin ITEM präsentierte Ergebnisse aus dem DZG Innovation Fund Microbiome-Projekt. Sie zeigte auf, dass SGLT-2-Inhibitoren über ihre bekannten Effekte hinaus organprotektive Wirkungen entfalten, die möglicherweise durch das Darmmikrobiom vermittelt werden – insbesondere durch sogenannte „Aestivationszyklen“, die nun gezielt untersucht werden sollen.

Prof. Dr. Folke Brinkmann vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein sprach über die Relevanz von pädiatrischem Biobanking. Sie betonte, dass viele chronische Erkrankungen ihren Ursprung im Kindesalter haben und daher frühzeitige Datenerhebungen essenziell sind. Projekte wie KiGGS, PEDNET-LongCovid oder die NAPKON-Kohorte liefern bereits heute wichtige Erkenntnisse für die Kindergesundheit.

Dr. Bärbel Fösel vom Helmholtz Zentrum München stellte die DZIF-Tx-Kohorte vor – eine multizentrische Studie zur Erforschung genetischer Einflussfaktoren auf den Transplantationserfolg. Sie hob die hohe Teilnehmerzahl und die wissenschaftliche Relevanz hervor, wies aber auch auf Herausforderungen wie uneinheitliche Probenqualität und nicht vollständig harmonisierte Datenbanken hin.

Laura Noetzel vom Universitätsklinikum Jena gab ein Update zur COPLANT-Studie, die sich mit den gesundheitlichen Auswirkungen verschiedener pflanzenbasierter Ernährungsformen beschäftigt. Im Zentrum steht das zentralisierte Biobanking von Blut- und Urinproben sowie die Analyse klinischer Biomarker. Die Herausforderungen bestehen neben der logistischen Umsetzung in der Harmonisierung der Prozesse in den Studienzentren, insbesondere der qualitätsrelevanten Präanalytik.

Dr. Richard Böhme auf dem Biobanken-Symposium 2025.

Dr. Richard Böhme, Universitätsklinikum Leipzig, Institut für Medizinische Mikrobiologie und Virologie. © TMF e.V./Volkmar Otto

Prof. Dr. Folke Brinkmann auf dem Biobanken-Symposium 2025.

Prof. Dr. Folke Brinkmann, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Päd. Pneumologie und Allergologie. © TMF e.V./Volkmar Otto

Dr. Bärbel Fösel auf dem Biobanken-Symposium 2025.

Dr. Bärbel Fösel, Helmholtz Zentrum München, Institute of Epidemiology. © TMF e.V./Volkmar Otto

Laura Noetzel auf dem Biobanken-Symposium 2025.

Laura Noetzel, Universitätsklinikum Jena, Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik. © TMF e.V./Volkmar Otto

Session 3: Ethik und Recht

Session 3 hat aktuelle Themen aus Ethik und Recht im Biobanking aufgegriffen und diskutiert.

Prof. Dr. Sebastian Graf von Kielmansegg digital zugeschaltet auf dem Biobanken-Symposium 2025.

Digital zugeschalten: Prof. Dr. Sebastian Graf von Kielmansegg, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. © TMF e.V./Volkmar Otto

Prof. Dr. Sebastian Graf von Kielmansegg von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel sprach über den Broad-Consent für Minderjährige. Ob die Unterschrift eines Elternteils dafür genügen kann, ist rechtlich bislang nicht geklärt, aber „richtigerweise zu bejahen“. Kielmannsegg betonte, dass es keines Re-Consentes bei Erreichen der Einwilligungsfähigkeit bzw. Volljährigkeit bedarf, aber einer Rekontaktierung.

Das genomDE-Modellvorhaben stand im Mittelpunkt des Vortrags von PD Dr. Andreas Till vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Es soll eine schnellere und bessere Diagnostik und personalisierte Therapiefindung von Genomdaten von Patientinnen und Patienten mit seltenen und onkologischen Erkrankungen ermöglichen, indem deutschlandweit harmonisierte Datensätze für klinische und genomische Daten erhoben, über Jahre weiterverfolgt und der Behandlungserfolg evaluiert wird. 8.000 Betroffene sind bis heute eingeschlossen, davon rund 3.000 mit seltenen Erkrankungen. Eine Verknüpfung mit Initiativen wie den Krebsregistern, dem FDZ Gesundheit und mit internationalen Genominitiativen ist angestrebt. 

Sebastian C. Semler, TMF e.V., erläuterte die Bedeutung des Europäischen Gesundheitsdatenraums (EHDS) für Biobanken. Am 24. April 2024 hat das Europäische Parlament die legislativen Grundlagen zur Schaffung des EHDS gelegt. Der EHDS I regelt elektronische grenzüberschreitende Gesundheitsdienste in der EU. Der EHDS II soll das Potenzial von Sekundärdaten für Forschung und Innovation in anonymisierter oder pseudonymisierter Form erschließen. Die Nutzung von Bioproben ist in der Verordnung nicht geregelt, die Analysedaten jedoch schon. Biobanken als potentielle Quelle von Daten seien theoretisch zur Herausgabe von Daten verpflichtet so Semler. 

Dr. Bettina Lorenz-Depiereux vom Helmholtz Zentrum München sprach in ihrem Vortrag über die ethischen und rechtlichen Herausforderungen im Umgang mit genetischen Daten im Rahmen des europäischen Forschungsprojekts „Genome of Europe“. Das Projekt soll die genetische Vielfalt des modernen Europas in einer genomischen Referenzdatenbank mit 100.000 Genomen europäischer Bürgerinnen und Bürger auf Populationsebene abbilden. Mit der Erstellung des genomischen paneuropäischen Referenzdatensatzes entsteht eine wichtige Grundlage für Forschung, Prävention und personalisierte Medizin. Eine Herausforderung liegt u.a. in der repräsentativen Abbildung der nationalen Gesamtbevölkerung (Ethnizitäten) und auf der Gewinnung qualitativ hochwertiger Bioproben.

Abschließend sprach Dr. Martina Oberländer vom Interdisziplinären Centrum für Biobanking-Lübeck (ICB-L) über Patientenperspektiven auf den Biobank Broad Consent im Forschungsverbund "OUTLIVE-CRC". Die befragten Patienten liefern wertvolle Impulse zur Verständlichkeit, Transparenz und Relevanz von Informations- und Einwilligungsdokumenten. Gleichzeitig stärkt Patientenbeteiligung Vertrauen und die Teilnahmebereitschaft.

PD Dr. Andreas Till auf dem Biobanken-Symposium 2025.

PD Dr. Andreas Till, Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Abteilung Forschung. © TMF e.V./Volkmar Otto

Sebastian C. Semler auf dem Biobanken-Symposium 2025.

Sebastian C. Semler, TMF-Geschäftsführer. © TMF e.V./Volkmar Otto

Dr. Bettina Lorenz-Depiereux auf dem Biobanken-Symposium 2025.

Dr. Bettina Lorenz-Depiereux, Helmholtz Zentrum München, Institut für Epidemiologie. © TMF e.V./Volkmar Otto

Dr. Martina Oberländer auf dem Biobanken-Symposium 2025.

Dr. Martina Oberländer, Interdisziplinäres Centrum für Biobanking-Lübeck (ICB-L), UKSH, Campus Lübeck. © TMF e.V./Volkmar Otto

Session 4: Biobanking im Einklang mit den Bedürfnissen der Pharmaindustrie

In der vierten Session stand die Zusammenarbeit von Biobanken mit der Pharmaindustrie im Mittelpunkt.

Dr. Christoph Rohde auf dem Biobanken-Symposium 2025.

Dr. Christoph Rohde, Merck Healthcare KGaA. © TMF e.V./Volkmar Otto

In seinem Vortrag gab Dr. Christoph Rohde von Merck Healthcare KGaA einen spannenden Einblick in die Beschaffung von Bioproben aus der Perspektive eines großen Pharmaunternehmens. Humane Proben sind für F & E der Pharmaindustrie unverzichtbar. Sie werden für die Hypothesentestung, Drug Positioning oder Biomarker Assay Entwicklung gebraucht. Meist beziehen Pharmaunternehmen die benötigten Bioproben von kommerziellen Anbietern, aber auch durch eigene klinische Studien oder von Kooperationspartnern aus dem privaten und öffentlichen Sektor. Unabhängig von der Herkunft ist es essentiell, dass die jeweiligen Analysen von dem Consent abgedeckt sind. Mit akademischen Biobanken seien die vertraglichen Aspekte oft schwierig, berichtet Rohde.

Lutz Doms, ASKION GmbH, schildert aus Sicht eines Ausrüstungslieferanten, dass Pharmakunden großes Augenmerk auf guten und zeitnahen Support legen, gleichzeitig aber bereit sind, gut dafür zu bezahlen. Die Erwartungen bezüglich Innovation und Flexibilität sind hoch, beispielweise an Lösungen zu vernetzten Biobanken oder Biobank-Kiosklösungen. Bei Einbindung von Biobanken in Produktionslinien wird eine hohe und proaktive Integrationsfähigkeit der Systeme erwartet.

Der Vortrag von Dr. Alexandra Stege, Zentrale Biobank Charité, gab Einblicke in die Erfahrungen einer Biobank mit einem erfolgreich absolvierten Audit durch einen pharmazeutischen Partner. Im Fokus standen die Erwartungen der Industrie an Qualitätsmanagement, insbesondere im Hinblick auf GCLP, ISO 20387 und Auditierbarkeit. Anhand konkreter Beispiele wurden zentrale Anforderungen wie Probenrückverfolgbarkeit, strukturierte Dokumentation und qualitätsgesicherte Prozesse beleuchtet. Sie kommt zu dem Schluss, dass ein konsequent umgesetztes QM-System nicht nur Voraussetzung für regulatorische Konformität, sondern auch für das Vertrauen der Industrie ist. Weiterhin helfen Audit-Erfahrungen den Biobanken, ihre internen Prozesse nachhaltig zu verbessern. 

Waldemar Janzen von LVL technologies GmbH & Co. KG berichtete darüber, wie LVL-Cryoröhrchen auf Basis von Kunden FAQs auf ihre Qualität geprüft und getestet wurden. Die qualitätsrelevanten Eigenschaften der Tubes und Racks wurden anschließend transparent offengelegt. 

PD Dr. Christian Stephan von IQVIA sprach über den Wert von Daten und Bioproben. Es gibt sehr viele, die an den Proben und Daten der Biobanken interessiert sind, so Stephan. Forschende Unternehmen benötigen für verschiedene Forschungsfragen sehr gut charakterisierte Bioproben. Aber nicht nur die Qualität ist wichtig, sondern auch die mit den Proben verknüpften Daten. 

In der anschließenden Podiumsdiskussion waren sich die Teilnehmenden einig, dass Biobanken und Industrie miteinander ins Gespräch kommen müssen, damit Biobanken die Perspektiven und Bedürfnisse der Pharmaindustrie besser verstehen.

Lutz Doms auf dem Biobanken-Symposium 2025.

Lutz Doms, ASKION GmbH. © TMF e.V./Volkmar Otto

Dr. Alexandra Stege auf dem Biobanken-Symposium 2025.

Dr. Alexandra Stege, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Zentrale Biobank Charité. © TMF e.V./Volkmar Otto

Waldemar Janzen auf dem Biobanken-Symposium 2025.

Waldemar Janzen, LVL technologies GmbH & Co. KG. © TMF e.V./Volkmar Otto

PD Dr. Christian Stephan auf dem Biobanken-Symposium 2025.

PD Dr. Christian Stephan, IQVIA. © TMF e.V./Volkmar Otto

In der Evening Lecture sprach Prof. Dr. Thomas Bernd Hildebrandt von der Freien Universität Berlin, Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung, über die Bedeutung von Biobanken in der Wildtierforschung. Er betonte, dass mit dem Einsatz der assistierten Reproduktion (ART) und der Verwendung von Stammzell-assozierten Techniken Biobanken eine zunehmend wichtige Rolle zur Rettung hochbedrohter Schlüsseltierarten in der Wildtiermedizin spielen.

Prof. Dr. Thomas Bernd Hildebrandt auf dem Biobanken-Symposium 2025.

Prof. Dr. Thomas Bernd Hildebrandt, Freie Universität Berlin, Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung. © TMF e.V./Volkmar Otto

Session 5: Vernetztes Biobanking: Zusammenarbeit zwischen Netzwerken

Session 5 befasste sich mit der strategischen Zusammenarbeit zwischen Netzwerken und Initiativen und deren Koordination.

Dr. Frank Wissing auf dem Biobanken-Symposium 2025.

Dr. Frank Wissing, Medizinischer Fakultätentag (MFT). © TMF e.V./Volkmar Otto

Den Beginn machte Dr. Frank Wissing, Medizinischer Fakultätentag (MFT), der die GFDI-Koordinierungsgruppe vorstellte. Er betonte, dass viele parallele Aktivitäten und Initiativen zur Sekundärnutzung von Versorgungs- und Forschungsdaten laufen, aber eine kohärente Gesamtstrategie fehlt. Die GFDI-Koordinierungsgruppe versteht sich als Runder Tisch, um Aktivitäten abzustimmen und arbeitsteiliger umzusetzen. Initiiert von MII und NUM, sind in der Runde öffentlich geförderten Infrastrukturen im Bereich der Gesundheitsforschungsdaten vertreten. Das soll die Transparenz fördern und die Aufgaben bündeln. Beispielsweise werden gemeinsam Stellungnahmen erarbeitet oder ein gemeinsames Zielbild für den EHDS erarbeitet.

Dr. Stefanie Märschenz von der TMF e.V. berichtete gemeinsam mit Sven Heiling, Integrierte Biobank Jena, über die Bemühungen der TMF-AG Biobanken zur Harmonisierung von Biobanken und Datenintegrationzentren der MII. Eine im Vorfeld des TMF-Workshops "MII meets Biobanking" durchgeführte Umfrage unter Biobanken und Datenintegrationszentren ergab, dass für die praktische Umsetzung von standortübergreifenden Bioproben- und Daten-Ausleitungen nach Anfrage über das FDPG - trotz funktionierender Anbindung an vielen Standorten - noch erheblicher Entwicklungsbedarf besteht. Im Workshop im Juni 2025 wurde gemeinsam ausführlich über Möglichkeiten der Harmonisierung und Optimierung der Prozesse sowie Aspekte wie Probenantragsberatung, Probenmanagementstellen oder Auftragsanalytik diskutiert. Auf Basis der Ergebnisse werden nachfolgend Handlungsempfehlungen entwickelt.

Dr. Gabriele Anton, Universität Bielefeld, sprach über das klinische und klinisch-epidemiologische Biobanking im NUM. Sie betonte, dass das NUM eine zukunftsfähige Struktur für das Biobanking mit belastbaren, interoperablen, skalierbaren und zukunftsfähigen Strukturen in Deutschland etabliert hat.

Dr. Stefanie Märschenz auf dem Biobanken-Symposium 2025.

Dr. Stefanie Märschenz, Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung (TMF e.V.). © TMF e.V./Volkmar Otto

Dr. Gabi Anton auf dem Biobanken-Symposium 2025.

Dr. Gabi Anton, Universität Bielefeld, Medizinische Fakultät OWL. © TMF e.V./Volkmar Otto

Dr. Pablo Serrano, Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI), stellte das Konzept für eine Nationale Biobank vor. Ein breites Bündnis aus Akademia und Industrie – bestehend aus dem German Biobank Network (GBN), den Pharmaverbänden Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (VFA) und Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie, der Fraunhofer-Gesellschaft, dem VDGH - Verband der Diagnostica-Industrie e.V., dem Biotechnologie-Branchenverband BIO Deutschland e. V., der Deutschen Hochschulmedizin und der TMF e. V. – hat dazu ein gemeinsames Konzept vorgelegt.

Unter dem Dach des Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) sollen künftig viele Millionen Gewebe- und Flüssigproben sowie abgeleitete Daten in einer zentralen digitalen Plattform für die medizinische Forschung bereitstehen.

Die Nationale Biobank soll eine One-Stop-Shop-Lösung werden, die Bioproben und Daten schneller verfügbar macht. Klare Qualitätsstandards nach FAIR-Prinzipien, mehr Standardisierung, eine bessere Vernetzung auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene sowie transparente Prozesse, Lizenzmodelle und die gemeinsame Entwicklung von Services sind weitere wichtige Aspekte. Die Nationale Biobank soll eine Brücke zwischen Wissenschaft und Wirtschaft werden, die den Weg zu Präzisionsmedizin und innovativer Wirkstoffentwicklung in Deutschland ebnet.

Für die Industrie ist Geschwindigkeit entscheidend, betonte Serrano. Das bedeutet eine schnelle Probenabfrage und Verfügbarkeit. Damit das gelingt, müssen unter anderem Proben und Daten besser zusammengebracht und der Dialog weiter intensiviert werden.

Dr. Pablo Serrano auf dem Biobanken-Symposium 2025.

Dr. Pablo Serrano, Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI). © TMF e.V./Volkmar Otto

Für die Industrie ist Geschwindigkeit entscheidend.

Nach den Vorträgen fand ein spannendes Panel mit Dr. Frank Wissing, Dr. Pablo Serrano, Sebastian Claudius Semler, PD Dr. Sara Nussbeck, Dr. Gabi Anton, PD Dr. Dr. Michael Kiehntopf, Bettina Lorenz-Depiereux, Sven Heiling und Dr. Stefanie Märschenz zur Ausgestaltung der im Koalitionsvertrag vorgesehenen Nationalen Biobank statt.

Session 6: Human-Biomonitoring und Non-Human-Biobanking

Dr. Dominik Lermen auf dem Biobanken-Symposium 2025.

Dr. Dominik Lermen, Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT. © TMF e.V./Volkmar Otto

Im ersten Vortrag der Session „Human-Biomonitoring und Non-Human-Biobanking“ beschrieb Dr. Dominik Lermen vom Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik (IBMT) die Ziele des Institutes, das im Auftrag des Umweltbundesamtes die Biobank für Humanproben der Umweltprobenbank des Bundes (UPB) betreibt. Seine Aufgabe ist die standardisierte Sammlung von Humanproben und Daten von jungen Erwachsenen zur Ermittlung und Überwachung der Schadstoffbelastung als wissenschaftliche Grundlage für politische Regulierungsmaßnahmen. Zum Routinebetrieb gehört auch der Betrieb des UPB-Kryolagers Münster/Wolbeck, wo über 500.000 Proben gelagert werden.

Joséphine Uldry von der Swiss Biobanking Platform (SBP) betonte in ihrer Rede, dass Biobanken eine Schlüsselrolle bei der Erleichterung der Forschung im One-Health-Kontext spielen können, indem sie als One-Stop-Shops für hochwertiges biologisches Material und Daten unterschiedlicher Herkunft dienen. Insbesondere könnten sie Forschende dabei unterstützen, ELSI-, Qualitäts- und Interoperabilitätsprobleme zu lösen, die speziell bei der Arbeit mit verschiedenen Spezies und Umweltbereichen auftreten.

PD Dr. Manuela Nagel vom Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) zeigte auf, dass die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt und der Habitate verwandter Wildarten nötig sei, um Pflanzenzüchtung und -bau in der Erzeugung vielfältiger, gesunder und klimatoleranter Nahrungsmittel zu unterstützen. Die Kryokonservierung sei die einzige Erhaltungsmethode, um genetische Ressourcen langfristig zu bewahren. Zu den Herausforderungen der Kryokonservierung gehörten, dass genetische Effekte auftreten könnten, etwa Veränderungen der genetischen Vielfalt über lange Lagerzeiträume hinweg.

Prof. Dr. Ulrich Nübel, Leibniz-Institut DSMZ, stellte in seinem Vortrag die Arbeit des Instituts vor: Es handelt sich um eine spezialisierte Biobank zur Sammlung und Konservierung von Mikroorganismen, die für die Infektions- und Resilienzforschung wichtig sind. Die Biobank umfasst 3.000 authentifizierte Stämme mit einer großen Vielfalt verschiedener bakterieller Gattungen, auch Bakteriophagen, die zunehmend wieder als vielversprechende Alternative zu Antibiotika betrachtet werden. Ziel der Biobank ist es, die Vermehrungsfähigkeit und Reinheit der Mikroorganismen sicherzustellen. Jede Probe wird dokumentiert und nach einheitlichen Standards verwaltet, um eine langfristige Nutzbarkeit zu garantieren.

Im Anschluss an die 6. Session fand die Poster-Preisverleihung des Symposiums statt. Die Namen der Preisträgerinnen und Preisträger in alphabetischer Reihenfolge lauten: Dr. Julia Beyer (Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der TU Dresden), Dr. Franziska Marwitz (Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum), Nhutuyen Nguyen (German Biobank Network) und Patrick Skowronek (Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg). Herzlichen Glückwunsch!

Joséphine Uldry auf dem Biobanken-Symposium 2025.

Joséphine Uldry, Swiss Biobanking Platform. © TMF e.V./Volkmar Otto

PD Dr. Manuela Nagel auf dem Biobanken-Symposium 2025.

PD Dr. Manuela Nagel, Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK). © TMF e.V./Volkmar Otto

Prof. Dr. Ulrich Nübel auf dem Biobanken-Symposium 2025.

Prof. Dr. Ulrich Nübel, Leibniz Institute DSMZ, Deutsches Zentrum für Infektionsforschung (DZIF). © TMF e.V./Volkmar Otto

Session 7: Der Lebensweg von Bioproben: Biosample Data Life Cycle

Die letzte Session des Symposiums startete mit einem Vortrag von Patrick Skowronek, Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, der den European Health Data Space (EHDS) mit Bezug auf die Biobankforschung thematisierte. Skowronek ging hierbei auf die im März 2025 in Kraft getretene EHDS-Verordnung ein, sprach über die Verpflichtungen für Datennutzende und zeigte auf, dass Biobanken auch im EHDS eine zentrale Rolle spielen sollen.

Im Anschluss veranschaulichte Steffen Greiner von der Universität Tübingen, dass die Umsetzung von FAIR-Prinzipien (Findable, Accessible, Interoperable, Reusable) auch im Kontext von Biobanken immer wichtiger wird. Greiner zeigte hierbei den Mehrwert für Biobanken und ihre Stakeholder auf, etwa durch bessere Nachnutzbarkeit von Analysedaten, transparente Probenhistorie und höhere Datenqualität. Darüber hinaus ging er darauf ein, welche Möglichkeiten der Umsetzung für Biobanken bereits existieren und wie Biobanken sich strategisch und technisch aufstellen können, um FAIR-Ansätze nachhaltig zu integrieren.

Christoph Döllinger vom Universitätsklinikum Heidelberg betonte, dass die effiziente Auswahl von Bioproben aus unstrukturierten medizinischen Befunddaten vor allem wegen der hohen Varianz medizinischer Terminologie und der komplexen Textstruktur in Pathologiebefunden herausfordernd sei. Starke Verbesserungen brächten KI-basierte semantische Suchen, die exakte Begriffe nutzen und nach deren Bedeutung suchen. Die Integration von LLM-Sprachmodellen in Live-Suchen verbessert die Suchqualität, erhöht die Präzision und ermöglicht eine schnellere Durchsuchung unstrukturierter Befunddaten.

Andreas Bartussek, Universitätsmedizin Göttingen, beschrieb die Funktion von Probenzertifikaten. Diese dokumentieren Informationen über Bioproben und sind ein zentraler Bestandteil der Qualitätssicherung und Akkreditierung in Biobanken. Er stellte Optimierungen durch digitale Ergänzungen des Probenzertifikats und durch die Integration von QR-Codes vor, die in der Zentralen Biobank der UMG gerade erprobt werden. Digitale Erweiterungen könnten die Transparenz verbessern und eine effiziente und nachvollziehbare Verwaltung von Bioproben ermöglichen.

Patrick Skowronek auf dem Biobanken-Symposium 2025.

Patrick Skowronek, Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg und Deutsches Krebsforschungszentrum. © TMF e.V./Volkmar Otto

Steffen Greiner auf dem Biobanken-Symposium 2025.

Steffen Greiner, Universität Tübingen, Zentrum für Quantitative Biologie. © TMF e.V./Volkmar Otto

Christoph Döllinger auf dem Biobanken-Symposium 2025.

Christoph Döllinger, Universitätsklinikum Heidelberg, BioMaterialBank Heidelberg. © TMF e.V./Volkmar Otto

Andreas Bartussek auf dem Biobanken-Symposium 2025.

Andreas Bartussek, Universitätsmedizin Göttingen, Zentrale Biobank UMG. © TMF e.V./Volkmar Otto

Das Biobanken-Symposium 2025 in Berlin hat gezeigt, wie wichtig der Austausch zwischen den Biobanken und Konsortien ist. Besonders das Panel zu Kooperationen und nationalen Initiativen hat die gemeinsame Strategiebildung in den Mittelpunkt gestellt. Die Panelteilnehmenden waren sich einig, dass die Interaktion und Zusammenarbeit der nationalen Akteure weiter ausgebaut werden muss, damit Daten und Proben in einer einheitlichen Infrastruktur gemeinsam nutzbar werden.

Obwohl wir in den letzten Jahren starke Voraussetzungen – u. a. durch die im Rahmen der Medizininformatik-Initiative (MII) aufgebauten Datenintegrationszentren der Universitätsmedizin, dem Deutschen Forschungsdatenportal für Gesundheit, dem Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) sowie den Biobanken im German Biobank Network (GBN) geschaffen haben, bleibt noch einiges zu tun.

Jetzt gilt es, diese Systeme gemeinsam, auch mit Partnern aus der Industrie, zu integrieren, durch Nutzung zu trainieren und kontinuierlich zu verbessern. Das Dach einer Nationalen Biobankenplattform bietet dafür hervorragende Voraussetzungen.

Impressionen

Die Preisträgerinnen und Preisträger der Posterpreisverleihung des Biobanken-Symposiums 2025.

V. l. n. r.: Die Preisträgerinnen und Preisträger der Posterpreisverleihung Dr. Franziska Marwitz (Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum), Dr. Julia Beyer (Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der TU Dresden), Nhutuyen Nguyen (German Biobank Network) und Patrick Skowronek (Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg) mit der Tagungspräsidentin Dr. Heidi Altmann (Universitätsklinikum Dresden). © TMF e.V./Volkmar Otto

Zwei Teilnehmerinnen des Biobanken-Symposiums, die sich während einer Pause unterhalten.

© TMF e.V./Volkmar Otto

Die Speaker der Session 5 sitzen nebeneinander auf der Bühne vor dem Publikum des Biobanken-Symposiums 2025.

Podiumsdiskussion – Session 5. © TMF e.V./Volkmar Otto

Drei Teilnehmende des Biobanken-Symposiums, die sich während einer Pause unterhalten. Eine Frau hält den Biobanken-Tagungsband.

© TMF e.V./Volkmar Otto

Das Publikum des Biobanken-Symposiums 2025.

© TMF e.V./Volkmar Otto

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