Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Medizinregistergesetzes (MRG)
Berlin, 20. November 2025. Gemeinsame Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Medizinregistern und zur Verbesserung der Medizinregisterdatennutzung.
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Diese Stellungnahme geht maßgeblich auf Diskussionen innerhalb der Arbeitsgruppen Register der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e. V. (TMF) und des Deutschen Netzwerks für Versorgungsforschung e.V. (DNVF) zurück.
Folgende Initiativen und Organisationen haben an der Stellungnahme mitgewirkt bzw. tragen diese mit:
a) Verbände und Wissenschaftsinstitutionen:
ACHSE e.V.
Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren e.V.
aQua – Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH
Berlin Institute of Health @Charité
Deutsche Dermatologische Gesellschaft e.V. (DDG)
Deutsche interdisziplinäre Gesellschaft für außerklinische Beatmung und Intensivversorgung (DIGAB) e.V.
Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI)
Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie e.V. (DGEpi)
Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS) e. V.
Deutsche Gesellschaft für Notfallmedizin e.V.
Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie und klinische Immunologie e.V.
Deutsche Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen e. V.
Deutsche Gesellschaft für Pharmazeutische Medizin e.V.
Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)
Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e.V.
Deutsches Rheuma Forschungszentrum (DRFZ)
Deutsches Zentrum für Lungenforschung e.V. (DZL)
Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie
Gesellschaft für Tauch- und Unterdruckmedizin e.V.
IDG Institut für digitale Gesundheitsdaten RLP gGmbH
Institut für Forschung in der Operativen Medizin
Institut für Medizininformatik Universitätsmedizin Frankfurt
Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP)
Interdisziplinäres Zentrum Klinische Studien Mainz
KKS-Netzwerk e. V.
Medizinische Hochschule Brandenburg
Medizinischer Fakultätentag (MFT)
Mukoviszidose e.V.
Netzwerk Universitätsmedizin (NUM)
PRO Retina e.V.
Qualitätsverbund Hilfsmittel e.V. (QVH)
Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e. V. (TMF)
Universitätsklinikum Heidelberg
Verband der Universitätsklinika Deutschlands e.V. (VUD)
Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV)
b) Medizinische Register:
AKTIN e.V. und das Notaufnahmeregister
AlterstraumaRegister
Cvderm
Deutsches Kinderkrebsregister (DKKR) am Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Infor-matik (IMBEI), Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Deutsches lebendspende Register (SOLKID)
Deutsches lebendspende Register (SOLiD)
Diabetes-Patienten-Verlaufsdokumentation (DPV)
DIVI-Register
European Registry and Biobank for Interstitial Lung Diseases (eurILDreg)
Fehlbildungsregister Sachsen-Anhalt
Handtrauma Register DGH
HBOT-Register
Infektionsregister DGOU
Klinisches Krebsregister Niedersachsen
Krebsregister RLP im Institut für Digitale Gesundheitsdaten
MS-Register
Nationales Obduktionsregister (NAREG)
NEMOS
PRO Retina Patientenregister
Register angeborene Herzfehler
Register für die Thrombotisch Thrombozytopenische Purpura (TTP)
RAPID Register
SMArtCARE Register
TRAUMARegister
TREATGermany
QUIPS
I. Zum Gesetzentwurf allgemein
Die TMF, das DNVF und alle mitzeichnenden Einrichtungen, Institutionen und medizinischen Register begrüßen den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Medizinregistern und zur Verbesserung der Medizinregisterdatennutzung (Medizinregistergesetz – MRG) in seiner Intention, die medizinischen Register zu stärken, ihre Datenverarbeitung zu verbessern und die Datenqualität und Datennutzung zu steigern.
Der Gesetzentwurf adressiert viele wichtige Aufgaben, Ziele und Vorschläge, die im Vorfeld wissenschaftlich vorbereitet und breit diskutiert wurden.1 Insbesondere folgende Punkte sehen wir positiv:
- Schaffung eines übergreifenden Rechtsrahmens (Abschnitt A):
Das Gesetz schafft einen übergeordneten Rechtsrahmen für nicht spezialgesetzlich geregelte Register. Dies soll das "heterogene Normengeflecht von EU-, Bundes- und Landesrecht" und die Gefahr von "Silostrukturen" beseitigen. Dies ist essenziell für die Interoperabilität und Vergleichbarkeit der Registerdaten, was ein zentrales Anliegen der TMF ist.
- Stärkere Vernetzung und Datennutzung (Abschnitt A & B.4.1, B.5):
Der Entwurf setzt auf der Verordnung zum Europäischen Raum für Gesundheitsdaten (EHDS) auf und bereitet die Infrastruktur vor. Viele Mitzeichnenden unterstützen aktiv die nationale Umsetzung des EHDS auf zahlreichen Ebenen und in vielen Initiativen und Gremien.
Die explizite Regelung zur Kooperation von Medizinregistern (§ 16) und zur Datenverarbeitung durch Dritte (§ 17) fördert die wissenschaftliche Forschung.
Die Möglichkeit der Speicherung und Nutzung des unveränderbaren Teils der Krankenversichertennummer (KVNR) (§ 11 Abs. 1 Nr. 18) als Pseudonym erleichtert die Verknüpfung von Daten aus verschiedenen Registern und Datenquellen. Dies ist ein notwendiger erster technischer Schritt zur Ermöglichung komplexer Forschungsfragen.
- Qualitätssicherung und Transparenz (Abschnitt B.2 & B.3):
Die Einführung eines Medizinregisterverzeichnisses (§ 5) erhöht die Transparenz über Datenbestand, -qualität und -verfügbarkeit.
Das (freiwillige) Qualifizierungsverfahren durch das ZMR (§ 6) stellt grundlegende Qualitätsanforderungen an die Register. Dies soll eine Angleichung der Qualität auf einem hohen Niveau gewährleisten und somit die Vertrauenswürdigkeit der Daten für die Forschung und die Versorgung erhöhen.
- Erleichterung der Datenerhebung (Abschnitt B.4 & E):
Die Einführung der "Datenfreigabe" (§ 9) als gesetzlich geregelter Erlaubnistatbestand soll den Aufwand für Bürgerinnen, Bürger und die Wirtschaft im Vergleich zur informierten Einwilligung (Abschnitt E) reduzieren. Dies erleichtert die Rekrutierung von Patienten für Register und die Etablierung einer validen Datengrundlage (Abschnitt B).
Die Widerspruchslösung für bestimmte, qualifizierte Register (§ 10) ermöglicht die Erreichung einer annähernden Vollzähligkeit der Daten, die für Versorgungsforschung und Qualitätssicherung unerlässlich ist.
- Mit der Kopplung von Datenverarbeitungserleichterungen an Qualitätsverbesserung über hierfür geeignete Strukturbildung (ZMR als unterstützende Stelle, transparentes Medizinregisterverzeichnis) wird ein auch im internationalen Rahmen wissenschaftlich innovatives Konzept verfolgt.
Zu begrüßen ist die Intention, zu einer Förderung von qualitätsgesicherter Versorgung durch versorgungsnahe Forschung beizutragen und die Möglichkeiten zur strukturierten Registrierung von Patientendaten zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung zu stärken. Insgesamt wird schon jetzt durch das Gesetzesvorhaben die Wahrnehmung der Register als eigene Methode und relevante Datenquelle deutlich gestärkt.
Der Referentenentwurf setzt damit einen wichtigen ersten Impuls, verfehlt jedoch in einigen entscheidenden Punkten die tatsächlichen Bedarfe und strukturellen Herausforderungen der Registerlandschaft:
- Unzureichende Problemdefinition und fehlende Grundfinanzierung
Die Problembeschreibung und Begründung des Gesetzes fallen überraschend schmal aus. Der Wille des Gesetzgebers zu einer Qualitäts- und Datennutzungsoffensive müsste deut-licher ausbuchstabiert werden, auch über die formale Regulatorik hinaus. Regulatorik allein schafft noch keine Datennutzung, keine Datenqualität und keine Forschung.
Insbesondere bleiben Aspekte der Finanzierung für die Register (Aufwand für Erhebung und Pflege qualitätsgesicherter, kuratierter und interoperabler Daten), der registerbasierten Forschung und der Zusatzaufwände für die geplante Qualitätsarbeit einschließlich administrativ-bürokratischer Erfordernisse (Eintragung in ein Medizinregisterverzeichnis, Durchlaufen der Qualifizierung) unbeleuchtet. Ohne eine tragfähige finanzielle und orga-nisatorische Flankierung drohen neue rechtliche und technische Anforderungen den Betrieb vieler Register zusätzlich zu belasten und bestehende qualitätsgesicherte Strukturen zu destabilisieren.
- Unklare Anwendungsbereiche, Ausnahmen und überreguliertes Qualifizierungsverfahren
Viele der vorgesehenen Regelungen sind zu unbestimmt, zu eng oder wissenschaftlich nicht tragfähig ausgestaltet.
Der Anwendungsbereich und die Begriffsbestimmungen erfassen wesentliche registertypische Zwecke – etwa Qualitätssicherung, Versorgungsplanung, ökonomische Analysen oder Mindestmengenforschung – nur unzureichend.
Gleichzeitig führen Ausnahmen, insbesondere für gesetzlich geregelte Register und Krebsregister, zu einer unnötigen Fragmentierung und behindern Datenverknüpfungen gerade in fachlich besonders relevanten Bereichen.
Das vorgesehene Qualifizierungsverfahren ist in seiner gesetzlichen Detailtiefe, der festgeschriebenen Dokumentenliste und der starken behördlichen Prägung wenig flexibel, bürokratisch und wissenschaftlich nicht als lernendes System angelegt; die Aufgaben des Zentrums für Medizinregister (ZMR) wären demgegenüber besser im wissenschaftlichen Raum, etwa im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung, zu verorten.
Auch das Medizinregisterverzeichnis bleibt in seinen Eintragungsregeln unklar, insbesondere im Verhältnis zu EHDS- und GDNG-Vorgaben.
- Defizite bei Datenverarbeitung, Interoperabilität und Governance
Im Bereich der Datenverarbeitung und Governance bestehen erhebliche Umsetzungsrisiken.
Die sogenannte „Meldepflicht“ nach § 8 führt faktisch lediglich zu einer freiwilligen Teilnahme ohne Sicherung der Vollzähligkeit und Vollständigkeit.
Der Datenkranz in § 11 ist sinnvoll, aber unvollständig, und bei einer gesetzlichen Festschreibung in seiner Weiterentwicklung zu unflexibel. Vorzuziehen wäre eine untergesetzliche Festlegung mit vereinfachter wissenschaftlicher Fortentwicklung.
Die Interoperabilitätsvorgaben bleiben mit dem pauschalen Verweis auf § 385 SGB V unpräzise; es fehlen klar definierte, aber auch leistbare und skalierbare Festlegungen zur Standardnutzung. Zudem müssen die Register fachlich adäquat in ihrer Breite bei den Normungsaktivitäten nach § 385 SGB V eingebunden werden und vertreten sein.
Die Regelungen, die Widerspruchsmöglichkeiten der Betroffenen enthalten, und zu Informationspflichten (mehrere parallele Transparenzregime) sind redundant und teils widersprüchlich, und stellen teilweise Doppelungen zum GDNG dar. Mehrere Opt-out-Verfahren erhöhen zudem die Komplexität, den bürokratischen Aufwand und die Fehleranfälligkeiten zulasten der Betroffenen.
- Divergenzen zum EU-Recht und Einschränkungen wissenschaftlicher Nutzung
Hinzu kommen Divergenzen zum europäischen Rechtsrahmen.
Das pauschale Verbot „marktforschungsbezogener“ Nutzung widerspricht der EHDS-Verordnung, die lediglich Werbung und aktive Marketingmaßnahmen untersagt, wissenschaftlich motivierte und versorgungsrelevante Marktforschung jedoch ausdrücklich zulässt. Dies gefährdet gesellschaftlich erwünschte Forschungsvorhaben und wichtige Finanzierungsquellen nicht öffentlich geförderter Register.
Auch die vorgesehenen Möglichkeiten der Datenverknüpfung bleiben deutlich hinter EHDS und GDNG zurück.
Fazit
Insgesamt stellt der Referentenentwurf einen wichtigen ersten Schritt dar und bietet viele gute Ansätze zur Stärkung der Arbeit der Register. Er bedarf jedoch einer umfassenden Überarbeitung und Nachschärfung, teils redaktioneller, teils sehr grundlegender Art: Es braucht klarere und praxistaugliche Regelungen, unionsrechtskonforme und wissenschaftlich notwendige Nutzungsmöglichkeiten, abgestufte Interoperabilitätsanforderungen sowie vor allem eine tragfähige Finanzierungs- und Governance-Struktur, damit das Ziel einer nachhaltigen Stärkung der Registerlandschaft tatsächlich erreicht werden kann. Bezogen auf die vorgeschlagenen gesetzlichen Regelungen besteht das größte Erfolgsrisiko in einer mangelnden Attraktivität für die beteiligten Akteure – durch zu hohen bürokratischen Aufwand bzw. eine unvorteilhafte Aufwand-Nutzen-Balance für das einzelne Register und/oder die meldenden Gesundheitseinrichtungen. Es steht zu befürchten, dass Register die Nutzung der gesetzlichen Möglichkeiten meiden werden, um bürokratischem Aufwand und Kosten jenseits ihrer primären Arbeit zu entgehen. Soweit keine weitreichenden Verpflichtungen vorgesehen und durchgesetzt werden, droht das Gesetz zu wenig Anwendung finden, um Nutzen entfalten zu können. Daher sollte in einer grundlegenden Überarbeitung folgende Aspekte prioritär berücksichtigt werden:
- Verschlankung, Auslagerung von starren Detailfestlegungen in untergesetzliche Ebenen,
- Angleichung an GNDG und EHDS-VO,
- Steigerung der Anreize zur Beteiligung,
- Fassung des gesamten Verfahrens in einem weniger behördlichen, mehr wissenschaftli-chen Prozess, der Registern, meldenden Gesundheitseinrichtungen und den Datennutzern der Register gleichermaßen eine aktive wissenschaftliche Beteiligung ermöglicht.
Im Zuge einer Überarbeitung wäre insbesondere zu prüfen, inwieweit (zumindest für ärztlich geführte Register bzw. Register an datenverarbeitenden Gesundheitseinrichtungen gem. § 2 GDNG) nicht eine Erweiterung des §6 GNDG (z. B. im Sinne von Registern als genehmigte Kooperationen nach § 6 Abs. 3) mit allen im GDNG bereits bestehenden Nebenregelungen (z. B. Transparenz- und Geheimhaltungspflichten sowie Strafvorschriften) viele Regelungen zur Datenverarbeitung abdecken könnte und doppelte Prozesse, Regime und Zuständigkeiten an vielem forschenden medizinischen Einrichtungen vermeiden würde.
II. Zu den Regelungen im Einzelnen
a) Zwecke (§1,§ 2) und Qualitätsentwicklung (§6,§ 7)
1. zu §1 Anwendungsbereich des Gesetzes:
Zu den grundlegenden Anmerkungen sowie zu den in der Begründung des Gesetzes angegebenen Zielen und Zwecken verweisen wir auf den Allgemeinen Teil (s.o.).
Bewertung: Der Anwendungsbereich in Abs. 1 ist zu schmal gesetzt. Es fehlt die Nennung und Einbeziehung von Registern insbesondere mit Schwerpunkt Qualitätssicherung oder Medizinalstatistik und Evaluation oder Monitoring der Patienten- und Versorgungssicherheit, sowie weiterhin Registern, deren Schwerpunkte auf:
- Beschreibung epidemiologischer Zusammenhänge und Unterschiede
- Evaluierung der Wirksamkeit in der Versorgungsroutine und ihrer Änderung.
- Ökonomische Evaluation und Mindestmengenforschung
- Unterstützung der Versorgungsplanung
liegen.
Weiterhin ist, vermutlich aus juristischen Gründen, nur eine einzige große Indikationsgruppe genannt (gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten). Hier sollte eine Klarstellung erfolgen, die Unklarheiten vermeidet, ob für bestimmte Register das Gesetz Anwendung findet oder nicht.
Empfehlung: Wir schlagen vor, den Anwendungsbereich zu präzisieren und deutlich zu erweitern, um Unklarheiten zur Anwendung des Gesetzes zu vermeiden.
Änderungsvorschlag: (Änderungen sind in roter Farbe und unterstrichen formatiert hervorgehoben)
(1) Dieses Gesetz findet Anwendung auf Medizinregister im Sinne des § 2 Nummer 1, deren Schwerpunkte auf folgenden Bereichen liegen:
1. Arzneimittel, Medizinprodukte oder Heilmittel,
2. gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten,
3. wissenschaftliche Forschung im medizinischen Bereich, insbesondere
- Erforschung der Krankheitsverläufe chronischer Erkrankungen,
- Erforschung von Seltenen Erkrankungen,
- Erforschung von postinfektiösen Erkrankungen (wie Long COVID, ME/CFS),
- Erforschung weiterer Erkrankungen mit registerbasiertem Forschungsbedarf,
- Beschreibung epidemiologischer Zusammenhänge und Unterschiede,
- Evaluierung der Wirksamkeit von Therapien in der Versorgungsroutine, einschließlich der Durchführung registerbasierter Studien,
- Ökonomische Evaluation und Mindestmengenforschung.
3. der medizinisch unterstützten Erzeugung menschlichen Lebens, der Untersuchung oder der künstlichen Veränderung von Erbinformationen oder der Transplantation von Organen, Geweben oder Zellen,
5. Unterstützung von Qualitätssicherung und -verbesserung,
6. Unterstützung der Erstellung von Medizinalstatistiken,
7. Evaluation und Monitoring der Patienten- und/oder Versorgungssicherheit,
8. Unterstützung der Versorgungsplanung.
Die in den Absätzen 2-4 für die gesetzlich geregelten Register vorgesehenen, noch dazu unterschiedlichen Ausnahmeregelungen vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes erhöhen die Komplexität gegebener Regularien und beeinträchtigen die Vereinheitlichung der Qualitätsentwicklung der medizinischen Register. Insbesondere die Ausnahme der klinischen und epidemiologischen Krebsregister nach Abs. 3 verhindert zudem, dass die neuen gesetzlichen Möglichkeiten der Datenverknüpfung nach § 16 auch für die Verknüpfung mit Krebsregistern gelten. Vermutlich würde jedoch diese Verknüpfung den relevantesten Anwendungsfall für §16 darstellen. Diese Ausnahme sollte daher überprüft und korrigiert werden.
Empfehlung: Wir empfehlen die Überprüfung und nach Möglichkeit die Streichung der Ausnahmeregelungen nach Abs. 2-4 unter Beibehaltung der Vorrangregelung nach Abs. 2 S. 1; dies würde auch eine Konformität mit der EHDS-VO sicherstellen (Erwägungsgründe 56,82,87,92; Art. 2 Abs. 2 lit. t); Art.51 Abs. 1 lit. k), l) und o) sowie Art. 76 Abs. 1 und 2 EHDS-VO); zumindest sollten die Ausnahmeregelungen vereinheitlicht werden und insbesondere §16 auch für die klinischen und epidemiologischen Krebsregister gelten.
(kein ausformulierter Änderungsvorschlag)
2. zu §2 Begriffsbestimmungen:
Bewertung: Der sich aus der Begriffsbestimmung (§ 2) Nr. 1 ergebende Geltungsbereich ist zu unklar: Die vorliegende Medizinregister-Definition bietet zu wenig Abgrenzung z.B. zu Kohorten. Zumindest die Attribute „langfristig“ und „ohne Intervention“ sollten zum Beobachtungscharakter hinzugefügt werden. Die Definition zu Nr. 5 („Datennutzende“) ist missverständlich und unklar, da hier Antragsteller und Nutzer, die tatsächlich Daten erhalten, unscharf zusammengefasst werden.
Empfehlung: Wir empfehlen die Überprüfung und Änderung der Definitionen Nr. 1 und 5
Änderungsvorschlag zu Nr. 1: (Änderungen sind in roter Farbe und unterstrichen formatiert hervorgehoben)
„Medizinregister“ auf Langfristigkeit ausgelegte organisierte Systeme, welche Beobachtungsmetho-den anwenden, um ohne zusätzliche Intervention einheitliche Daten über eine durch eine bestimmte Krankheit oder Krankheitsgruppe, einen bestimmten Zustand, bestimmte Behandlungsver-fahren oder eine bestimmte Exposition definierte Population zu sammeln, die über die Zeit verfolgt wird.
3. zu §6 Qualifizierung von Medizinregistern:
§ 6 Abs. 1
Bewertung: Das in § 6 Abs. 1 beschriebene Verfahren zur Qualifizierung und Qualitätsprüfung steht nach Abs. 1 S.4 sehr stark im Ermessen des ZMR, zugleich wird durch die gesetzliche Festlegung einer festen Liste von Unterlagen (nach § 6 Abs. 1 Nr. 1) ein sehr starres Verfahren festgelegt, das wenig Flexibilität erlaubt. Die gelisteten erforderlichen Inhalte für eine Qualitätsüberprüfung sind in der Summe fachlich nicht falsch, erhalten aber durch eine formale Einzelnennung in einem Bundegesetz – und zusätzlich durch die vorgesehene behördliche Prüfung – einen unnötig festgeschriebenen Charakter. Es ist darauf hinzuweisen (siehe auch Registergutachten), dass mit einer solchen Qualitätsüberprüfung sehr unterschiedlicher Register mit vielfältigen Nutzungsdimensionen in einem gemeinsamen Verfahren wissenschaftlich Neuland betreten wird. Ein solches Qualifizierungsverfahren muss zwingend ein lernendes System sein; die Voraussetzungen für eine vorhersehbar künftig notwendig werdende Weiterentwicklung und Anpassung müssen mit den gesetzlichen Vorgaben und der Wahl wissenschaftsnaher Akteure bereits geschaffen werden. Durch starre gesetzliche Vorgaben und darauf basierende behördliche Verfahren droht eine unnötige Behinderung zukünftiger Anpassungen, die auf einem wissenschaftlichen Prozess beruhen müssen. Wenn eine hoheitliche Detailregelung zum jetzigen Zeitpunkt zwingend erfolgen sollte, sollte dies maximal in einer Verordnung erfolgen oder in Handreichungen ausgelagert werden.
Betrachtet man die Auflistung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 formal, so dürften den vollständigen Umfang dieser Liste, bei einer Maximalanforderung an die Dokumente selbst, heute kaum eines der vorhandenen Register vorweisen können; der Aufwand, diese Unterlagen zu erzeugen, dürfte groß sein. Bespielhaft sei auf die Entitäten lit. f) Qualitätsmanagementhandbuch und lit. j) Nachhaltigkeitsnachweis verwiesen. An deren Stelle sollten inhaltlich auch zu lit. f) einzelne SOPs bzw. zu lit. j) Transparenzangaben über aktuelle Finanzierung und Nachfolgeregelung (i. S. e. Konzepts, wenn keine Finanzierung mehr gegeben ist) zulässig sein. Es bedarf also einer inhaltlichen Interpretation und Auseinandersetzung mit den jeweiligen Registern; es sollte kein de facto-Zwang zu einer bürokratischen Zusatzdokumentation formaler Art erzeugt werden, soweit sich das Register inhaltlich mit dem betreffenden Gegenstand der Qualitätsüberprüfung bereits aus-einandergesetzt hat.
Grundsätzlich wäre statt eines behördlichen Kontrollverfahrens ein wissenschaftliches Peer-Audit vorzuziehen, das wissenschaftlich weiterentwickelt wird und für das § 6 Abs. 1 nur den inhaltlichen Rahmen des Prüfauftrages beschreibt (und keine Einzeldokumente vorgibt).
Andernfalls ist zu befürchten, dass viele Register den hohen bürokratischen Aufwand für ein solches Qualifizierungsverfahren scheuen und, zumindest soweit sie nicht dazu verpflichtet sind, stattdessen eher die auf dem Qualifizierungsverfahren basierenden gesetzliche Möglichkeiten verzichten. Der Nutzeffekt der Gesetzgebung wäre dadurch massiv beeinträchtigt.
In diesem Kontext wichtig: Es fehlen – auch in der Abschätzung des Erfüllungsaufwands – Angaben zu den geschätzten internen und externen Kosten (Gebühren/Entgelte) bei den Registern für die Qualifizierung. Der Hinweis auf ein schlankes Verfahren ist begrüßenswert, dennoch sollten hier genauere Abschätzungen und Sollvorgaben vorgenommen werden, da die Kosten und Aufwände für die Qualifizierung – neben dem zu erwartenden Nutzen – eine wesentliche Frage dafür darstellen, ob sich Register diesem freiwilligen Verfahren unterziehen.
Wenn darauf abgezielt wird, dass alle Register, die öffentliche Förderungen erhalten, sich registrieren müssen, sollten zuwendungsrechtliche Fragen für die Qualifizierungskosten betrachtet und geklärt werden.
Für Register besteht zu wenig Anreiz, den Qualifizierungsprozess zu durchlaufen und sich registrieren zu lassen. Der damit verbundene erhebliche initiale und fortlaufende Aufwand steht in keinem Verhältnis zum Nutzen, sofern eine Qualifizierung des Registers nicht mit einer Finanzierung verbunden ist. Vielmehr besteht die Sorge, dass öffentliche Fördermittelgeber künftig eine Qualifizierung als Voraussetzung für eine finanzielle Unterstützung festlegen könnten, wodurch sich die ohnehin schwierige Finanzierungssituation für die Register weiter verschärfen würde. Kosten, die zur Registrierung und Qualifizierung anfallen, bedürfen einer zusätzlichen Finanzierung. Gerade kleinere Register benötigen für die Qualifizierung eine öffentliche Förderung, um nicht benachteiligt zu werden.
Empfehlung: Wir empfehlen eine grundlegende Überarbeitung und Änderung der Vorgaben zum Qualifizierungsverfahren. Gesetzlich sollte lediglich ein wissenschaftlicher Prüfauftrag beschrieben sein, das Verfahren selbst muss untergesetzlich entwickelt und angepasst werden können und den Registern eine niederschwelligere Beteiligung am Qualifizierungsverfahren ermöglicht werden. Bei der Betrachtung der Folgekosten und Erfüllungsaufwände für die Register sind nicht nur die externen Kosten für das Qualifizierungsverfahren (gegenüber dem ZMR oder Auditoren), sondern auch die internen Kosten zur Schaffung des für die Qualifizierung erforderlichen Dokumentationsstands zu berücksichtigen. Eine Anreizerhöhung könnte über Fördervoraussetzungen und Nebenbestimmungen für öffentliche Zuwendungen erfolgen, in welchen die Nutzung von Medizinregisterdaten aus registrierten/qualifizierten Registern als zuwendungsfähiger Tatbestand in Förderveröffentlichungen genannt wird und die Nutzung bestehender Register gegenüber der Neuerhebung empfohlen wird, soweit wissenschaftlich sinnvoll. Entsprechende Analogien gibt es zu anderen Fördertatbeständen (z.B. Nutzung der ePA/TI).
(kein ausformulierter Änderungsvorschlag).
§ 6 Abs. 2
Bewertung: Sofern es bei einem (behördlichen) Kontrollverfahren bleiben sollte, muss bei der Prüfung auf Vollzähligkeit und Plausibilität nach § 6 Abs. 2 klargestellt werden, dass die Prüfung keine Doppelprüfungen zur Ethikkommission darstellen darf sondern lediglich ein formales Checken des Vorliegens der Dokumente. Dies muss sich auch im Gebührenansatz widerspiegeln, der vom ZMR für die Prüfung erhoben wird.
§ 6 Abs. 4
Bewertung: Die grundsätzliche Mitteilungspflicht ist zu weit gefasst. Sie sollte sich nur auf wesentliche Veränderungen erstrecken, da sonst selbst kleine redaktionelle Änderungen zu beidseitigem Aufwand führen und dem ausdrücklichen Ziel eines unbürokratischen Verfahrens zuwiderlaufen.
§ 6 Abs. 5
Bewertung: Der „Life Cycle“ der Qualifizierung ist etwas unklar. Einerseits sollen nach Abs. 4 Änderungen laufend gemeldet (und geprüft?) werden, andererseits gibt es ein (zusätzliches ?) Ablaufdatum der Qualifizierung. Wenn ohnehin wesentliche Änderungen laufend zu melden sind und ein Entzug der Qualifizierung möglich ist, besteht kein sachlicher Grund für ein wiederkehrendes Qualifizierungsverfahren, das zudem auf den vorliegenden Dokumenten aufsetzt. Hier sollte das Verfahren geklärt werden. Auch fehlt ein Hinweis darauf, dass die auf Basis der mit einer Qualifizierung verbundenen Erlaubnistatbestände erhobenen und verarbeiteten Daten nach deren Ablauf weitergenutzt und ausgewertet werden dürfen (lediglich keine neuen Daten erhoben).
Zusammenfassende Empfehlung zu Abs.2-5: Wir empfehlen Änderungen wie dargelegt im Rahmen der o. a. grundlegenden Überarbeitung. Manche dieser problematischen Detailfestlegungen ließen sich vermeiden, wenn man, wie oben empfohlen, Details des Qualifizierungsverfahrens auslagert und im Rahmen wissenschaftlicher Prozesse untergesetzlich regelt.
(kein ausformulierter Änderungsvorschlag).
b) Datenverarbeitung (§§ 8-21)
4. zu §8 Meldepflicht:
Bewertung: Die vorgesehene Regelung in § 8 verstehen wir als juristisches Konstrukt, um die Beteiligung von meldenden Gesundheitsrichtungen gegenüber einem Register im Rahmen des Gesetzes zu definieren und eine Grundlage für die Datenverarbeitung und Datenübermittlung durch die meldenden Gesundheitseinrichtungen zu schaffen. Dabei ist die Überschrift des Paragraphen missverständlich: § 8 begründet keine echte Meldepflicht, sondern da facto lediglich eine freiwillige Teilnahme mit anschließender Selbstverpflichtung.
Über die Semantik hinaus bleibt ein Problem bestehen: Vollzähligkeit und Vollständigkeit können bei freiwilliger Meldung der Gesundheitsreinrichtungen nur bedingt erreicht werden. Daran ändert auch die Schaffung der Widerspruchslösung der Betroffenen, genau mit dieser Begründung eingeführt, zunächst einmal nichts. Auf der anderen Seite würde eine tatsächliche rigide Meldepflicht erhebliche Mehraufwände bei den meldenden Gesundheitseinrichtungen verursachen, zudem müsste eine solche Pflicht kontrolliert und durchgesetzt werden. Der Referentenentwurf adressiert diese Problemlage nicht, es erscheint aber auch nicht einfach, eine sinnvolle Balance zwischen den Bedarfen und Aufwänden der Register einerseits und der meldenden Gesundheitseinrichtungen andererseits zu finden. Wir empfehlen hierzu konzeptuelle Gespräche mit allen Akteuren im Rahmen der von uns empfohlenen wissenschaftlichen Weiterentwicklung des Qualifizierungsverfahrens (siehe Kommentare zu § 6), insbesondere auch in Vorbereitung auf den EHDS, in der ohnehin diese schwierige Balance zwischen Datenhaltern und Datennutzern zu finden und umzusetzen ist.
5. zu §§ 9 und 19 i.V.m. mit §11 GenDG
§ 9 regelt Erhebung und Übermittlung von Daten aus den meldenden Gesundheitseinrichtungen an ein qualifiziertes Register unter Inanspruchnahme einer Datenfreigabe, einer Zustimmung auf gesetzlicher Basis, anstelle einer vollumfänglichen informierten Einwilligung. § 10 regelt Erhebung und Übermittlung von Daten aus den meldenden Gesundheitseinrichtungen an ein qualifiziertes Register unter Inanspruchnahme eines Erlaubnistatbestands zur einwilligungsfreien Datenverarbeitung, unter der Voraussetzung, dass von einer Ethikkommission die Erforderlichkeit hierfür festgestellt wurde, und unter dem Vorbehalt, dass die Betroffenen dieser Datennutzung widersprechen können (Widerspruchslösung). § 11 regelt den hierfür maximal zulässigen Datenkranz.
Bewertung:
Es sollte eine Klarstellung zum Verhältnis der Normen des MRG und des GenDG erfolgen. Die Regelung in § 9 Abs. 6, wonach § 11 GenDG unberührt bleibt, lässt die Bereichsausnahme des § 2 Abs. 2 Nr. 1 GenDG außer Acht, wonach das GenDG nicht für den Umgang mit genetischen Proben und Daten zu Forschungszwecken anwendbar ist. Das führt zu Unklarheiten dahingehend, ob auch die Übermittlung von genetischen Daten zu Forschungszwecken einem Einwilligungsvorbehalt unterworfen sein soll. Dies würde in der Konsequenz einen separaten Einwilligungsprozess zusätzlich zur gesetzlichen Datenfreigabe bei einer Übermittlung genetischer Daten bedeuten.
Für beide Regelungen (§§9,10) i.V.m. § 11 Datenkranz sollte auch aus diesem Grund erwogen werden, einen expliziten Ausnahmetatbestand für die Übermittlung einzelner genetischer Marker schaffen – aufgrund deren großer Bedeutung für viele Register. (siehe Anmerkung zu § 11)In § 10 sollte zudem eine Klarstellung dahingehend erfolgen, ob ein einmaliger Widerspruch auch bei Folgeerhebungen zu einem Ausschluss der Weitergabe führt oder ob Betroffene bei jedem Kontakt erneut zu informieren sind.
6. zu § 11 Datenkranz:
§11 Abs. 1 beschreibt den zulässigen Datenkranz, in dem sich die konkreten Datensätze von qualifizierten Registern bewegen dürfen. §11 Abs. 2 fordert die Speicherung von Registerdaten in standardisiertem und interoperablem Format.
Bewertung: §11 Abs. 1 Der zulässige Datenkranz ist breit gefasst und bietet somit für viele Register und Fragestellungen den notwendigen Rahmen zur Datenverarbeitung. Gleichwohl fehlen einige übergreifend relevante Datenelemente bzw. sollte man sie explizit aufführen, um Rechtsklarheit zu schaffen. Hierzu gehören: “Geburtsname”, “Sterbedatum”, “Todesursache”, „Wohnadresse zum Zeitpunkt der Geburt“, „Hauptwohnsitz zum Zeitpunkt der Diagnose“, „Frühere Namen“, „Einschluss in Therapiestudien/Register“ sowie „Angaben zu früheren Tumoren“. Weiterhin sollten “einzelne genetische Marker” mit aufgenommen werden in den Datenkranz – wegen der großen Bedeutung für viele Register (siehe Anmerkung zu §§9,10).
Die Festschreibung von Datenelementen birgt freilich, ähnlich wie die Festschreibung definierter Dokumente (vgl. Bewertung zu §6), das Risiko, dass die Aufzählung durch eine Weiterentwicklung der Versorgungs- und Forschungslandschaft schnell veraltet und dann durch die gesetzliche Festschreibung zu eng gefasst ist.
Der Verweis auf § 385 SGB V allein ist zu Schaffung von Interoperabilität unzureichend. Für spezialisierte Register bleibt unklar, welche technischen Standards konkret verlangt werden und wie kleine Register diese umsetzen können. Notwendig sind konkrete und skalierbare Anforderungen. Vor allem aber müssen unterschiedliche Register an der Erarbeitung und Festlegung von Interoperabilitätsvorgaben nach § 385 SGB V und IOP-Governance-Verordnung (GIGV) adäquat beteiligt werden.
Empfehlung: Wir empfehlen die Aufnahme der Elemente “Geburtsname”, “Sterbedatum”, “Todesursache”, „Wohnadresse zum Zeitpunkt der Geburt“, „Hauptwohnsitz zum Zeitpunkt der Diagnose“, „Frühere Namen“, „Einschluss in Therapiestudien/Register“, „Angaben zu früheren Tumoren“ sowie “einzelne genetische Marker” und „Behandelnde Einrichtungen“ in den Datenkranz. Weiterhin empfehlen wir zu prüfen, den Datenkranz untergesetzlich, z.B. in einer Verordnung, festzulegen und eine regelmäßige Überprüfung des Datenkranzes im Rahmen der von uns vorgeschlagenen wissenschaftlichen Weiterentwicklung des Qualifizierungs- und ZMR-Verfahrens vorzunehmen.
7. zu § 12 Datenverarbeitung und Datenübermittlung durch qualifizierte Medizinregister:
Bewertung: Die mit Datenfreigabe und Widerspruchslösung erlaubten Zwecke qualifizierter Register nach Abs. 1 sind erfreulich breit gefasst. Aufgenommen werden sollten in jedem Fall noch: „Durchführung von registerbasierten Studien (insbesondere PASS, PAES und rRCT)“, “Verbesserung der Heilbehandlung” und der “Versorgungs- und Patientensicherheit”. Letzteres ist insbesondere deshalb wichtig, als in Abs. 6 Nr. 4 “Marktforschung” als Verarbeitungszweck ausdrücklich ausgeschlossen wird. Der Begriff “Marktforschung” ist leider unscharf: Die Erforschung der Versorgungssicherheit, d.h. Verfügbarkeit und Verschreibung vorhandener Therapien, ist sicherlich unstrittig (auch) in öffentlichem Interesse und zu unterscheiden von reinen Marketing- und Vertriebsaktivitäten. Das im Entwurf vorgesehene pauschale Verbot umfasst jedoch auch solche Formen der Marktforschung, die nach EU-Recht zulässig und im Gesundheitswesen fachlich erforderlich sind – etwa Untersuchungen zu Versorgungsbedarfen, Behandlungspfaden, Arzneimittelanwendung oder patientenberichteten Erfahrungen. Gerade auf diesem Feld leisten viele Register einen wichtigen wissenschaftlichen Beitrag. Daher ist die Nennung der Versorgungssicherheit in Abs. 1 als erlaubter Zweck wichtig, und zusätzlich wäre zu prüfen, den Begriff der Marktforschung in Abs. 6 Nr. 4 durch “Werbe- oder Vermarktungstätigkeiten gegenüber Personen” zu ersetzen.
Gerade qualifizierte medizinische Register sind regelmäßig auf derartige Begleitforschung angewiesen, um Versorgungslücken zu identifizieren, die Qualität medizinischer Leistungen zu bewerten oder patientenzentrierte Indikatoren zu entwickeln. Die Zusammenarbeit mit Unternehmen kann hierbei ein wesentlicher Bestandteil wissenschaftsgetriebener Forschungsvorhaben sein, ohne dass dies Werbezwecken dient. Ein undifferenziertes Verbot entzieht insbesondere nicht öffentlich geförderten Registern eine bedeutsame Finanzierungsgrundlage. Gleichzeitig werden Forschungsvorhaben erschwert, die – nach unionsrechtlichen Maßstäben – legitim, gesellschaftlich erwünscht und datenschutzrechtlich abgesichert sind. Die vorliegende Formulierung hemmt die wissenschaftliche Weiterentwicklung des Gesundheitswesens, ohne dass ein hinreichender Schutzbedarf gegenüber „Marktforschung“ im wissenschaftlichen Sinne aufgezeigt wird. Die vorliegende Formulierung hemmt die wissenschaftliche Weiterentwicklung des Gesundheitswesens, ohne dass ein hinreichender Schutzbedarf gegenüber „Marktforschung“ im wissenschaftlichen Sinne aufgezeigt wird. Die aktuelle Fassung des §12 Abs. 6 geht weiterhin deutlich über die europäischen Vorgaben hinaus und erzeugt eine problematische Divergenz zum geltenden EU-Recht. Die EHDS-VO erlaubt die Nutzung elektronischer Gesundheitsdaten ausdrücklich für wissenschaftliche Forschung, Innovation und Produktentwicklung (vgl. Art. 53 Abs. 1 lit. e) i) EHDS-VO, 05.03.2025). Lediglich Werbe- oder Vermarktungstätigkeiten gegenüber Personen werden untersagt (Art. 54 c) EHDS-VO). Damit ist klargestellt, dass nur die kommerzielle Einflussnahme zu Vertriebs- oder Werbezwecken verboten ist, während die Nutzung von Gesundheitsdaten für wissenschaftliche, versorgungsbezogene oder innovationsorientierte Marktforschung zulässig ist, sofern die datenschutzrechtlichen Anforderungen eingehalten werden.
Die Regelungen in § 12 Abs. 4 zum ärztlichen oder zahnärztlichen Konsil sehen arbeitsteilige Prozesse beim betreffenden qualifizierten Register und den zugehörigen meldenden Gesundheitseinrichtungen vor. Hier wäre zu prüfen, inwieweit die hier geregelten Befugnisse zur Datenübermittlung hinreichend mit den §§ 9 und 19 verzahnt sind: Die Freigabeerlaubnis und korrespondierenden Aufklärungspflichten der meldenden Einrichtungen beschränken sich gem. §§ 9 bzw. 10 auf § 12 Abs. 1. Für die Entgegennahme der separat gegen die konsiliarische Übermittlung vorgesehenen Widersprüche – und logischerweise auch für die diesbezüglichen Informations- und Übermittlungsverpflichtungen – soll aber die meldende Einrichtung zuständig sein.
Das Gesetz sieht an mehreren Stellen Widerspruchmöglichkeiten, Informationspflichten und opt-out-Prozesse vor. Wünschenswert wäre hierfür eine Verortung an einer Stelle für alle im MRG diesbezüglich bestehenden Informationspflichten und Opt-out Regelungen, vergleichbar dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz.
8. zu § 13 Informationspflichten qualifizierter Medizinregister:
Bewertung: § 13 sieht vor, dass die qualifizierten Medizinregister in definierter Weise über die Zwecke, für die Daten auf Grund dieses Gesetzes verarbeitet werden, informieren, öffentlich und allgemein (d.h. nicht individuell). Dies steht in einer Diskrepanz dazu, dass sie nach § 17 Abs. 6 nicht nur über Datennutzungen, sondern schon über alle Datenanträge von (potentiellen) Datennutzenden Informationen an das ZMR zu Zwecken der dortigen Veröffentlichung liefern sollen. Eine solche Doppelregelung sollte vermieden werden; wir empfehlen, es bei den in § 13 vorgesehenen Informationspflichten zu belassen, da die Information über Anträge, die nicht zu einer Datennutzung führen, keinen Mehrwert im Sinne der Betroffenenrechte bietet und somit unnötigen bürokratischen Aufwand darstellt, der zudem das Vertrauensverhältnis mit den Partnern und Nutzern des Registers belasten kann.
9. zu § 14 Verarbeitung von Bestandsdaten qualifizierter Register:
Bewertung: Der Regelungsgegenstand erscheint unklar. Wir verstehen diese Regelung so, dass hierbei von einer einwilligungsbasierten Rechtsgrundlage zur Datenverarbeitung „umgestellt“ wird auf die Rechtsgrundlagen nach §§9 oder 10 und sich hierbei für die Rechtsgrundlage der Nutzung der Bestandsdaten eine Änderung ergibt. Die Verweisung auf die „Datenverarbeitungsvorschriften dieses Gesetzes“ ist unscharf, hier sollte entweder eine klare Verweisung auf die einschlägige Rechtsvorschrift aufgenommen werden oder §14 selbst als eigenständiger Erlaubnistatbestand ausgestaltet werden. Unklar bleibt das Verhältnis zu den §§ 9,10 für Fälle, in denen Betroffene über §14 „umgestellt“ wurden und von diesen Personen weiterhin Daten aus meldenden Einrichtungen zugeliefert werden. (Dies besonders mit Blick auf die Pflichten zur Zustimmung bei der „Ersterhebung“.)
10. zu § 15 Datenverarbeitung einwilligungsbasierter Medizinregister:
Bewertung: §15 beschreibt eine Ausnahme aller einwilligungsbasierten qualifizierten Register von allen Regelungen des Gesetzes vor §16ff. Dies bedeutet, dass einwilligungsbasierte Register auch ohne Inanspruchnahme von Datenfreigabe oder Widerspruchslösung z.B. die Regelungen zur Speicherung der KVNR und deren Nutzung für Datenverknüpfungen anwenden können, was zu begrüßen ist. Allerdings wird durch die Formulierung unklar, welche Abschnitte des Gesetzes für einwilligungsbasierte Register gelten: Aus S.1 ergibt sich, dass sich einwilligungsbasierte Register qualifizieren können (bei öffentlicher Finanzierung ggf. sogar müssen), mithin gelten also konkludent § 5 (Eintragung in das Medizinregisterverzeichnis) und § 6 (Durchlaufen der Qualifizierung). Auf der anderen Seite soll z.B. § 17 Abs. 6 (i.V.m. § 4 Abs.1 Nr. 4) auch für einwilligungsbasierte qualifizierte Register gelten, was sich nicht zwingend erschließt, wenn sie keine gesetzlichen Datenverarbeitungserleichterungen in Anspruch nehmen. Wünschenswert wäre also eine Klarstellung, welche Normen gelten sollen und welche nicht.
11. zu § 16 Zusammenführung von Registerdaten im Rahmen von Kooperationen zwischen qualifizierten Medizinregistern:
Bewertung: Die Erlaubnis zur Datenverknüpfung i.V.m. der Erlaubnis zur Nutzung der KVNR nach § 21 hierfür ist sehr zu begrüßen. Bedauerlich ist jedoch die Einschränkung auf die Verknüpfung von qualifizierten Registern untereinander. Hier gehen wesentliche Anwendungsfälle verloren, die sich z.B. aus der Kombination mit oder Validierung anhand von Kassendaten oder primären Versorgungsdaten ergeben können. Hier bleibt die Regelung hinter den bereits gegebenen Regelungen der EHDS-VO zurück und greift auch nicht die im GDNG bereits angelegten Möglichkeiten zur Datenverknüpfung mit FDZ-Daten, Krebsregisterdaten, genomDE-Genomdaten auf. Eine Ausweitung des Erlaubnistatbestands wäre daher wünschenswert, zumindest für die Datenquellen, die ihrerseits bereits die KNVR vorhalten und nutzen können (siehe hierzu weitere unten zu § 21).
Weiterhin: Die Gesetzesbegründung geht davon aus, dass auch die gesetzlichen Register, einschließlich der Krebsregister, unter diese Vorschrift fallen können. Allerdings soll wegen § 1 Abs. 3 das MRG mit Ausnahme des § 5 Abs. 4 nicht für die Krebsregister gelten (vgl. hierzu oben). Eine Verknüpfung von Daten qualifizierter Register mit Krebsregisterdaten wäre damit auf Basis dieses Gesetzes nicht möglich - was freilich einen vermutlich relevanten Anwendungsfall für viele Register und Fragestellungen darstellt (siehe oben Bewertung zu § 1 Abs. 3). Hier muss eine Änderung des § 1 erfolgen, um Kooperationen mit den Krebsregistern zu ermöglichen.
12. zu §17 Übermittlung von Daten aus einem qualifizierten Medizinregister:
Bewertung: § 17 Abs.6 sieht ein eine Meldepflicht (für die Register) und eine Veröffentlichungspflicht (für das ZMR) für alle Nutzungsanträge vor, nicht nur für die genehmigten Projekte (entsprechend auch in §4). Dies ist ungewöhnlich, trägt zu keiner erweiterten Transparenz gegenüber Betroffenen (weil bei nicht genehmigten Anträgen gar keinen Betroffenendaten genutzt werden), und ist aufgrund des ohnehin hohen Aufwandes für diese Meldeprozesse zu vermeiden. Die Meldungspflicht sollte sich demnach auf bewilligte Anträge und damit tatsächliche Datennutzungen beschränken.
Hinweis: § 17 Abs. 3 Nr. 1 enthält vermutlich einen Satzfehler (Korrektur: Ersetzen „hat“ mit „wurde“).
13. zu § 18 Geheimhaltungspflichten und § 19 Strafvorschriften:
Bewertung: Die vorgesehenen gesetzlichen Verpflichtungen der Datennutzenden und die korrespondierenden Strafvorschriften sind zu begrüßen, ebenso dass hier sehr vergleichbare Regelungen zu jenen im GDNG gefunden wurden. Hier stellt sich allerdings die Frage, ob man nicht eine Vereinheitlichung durch übergeordnete Regelungen zu sehr ähnlichen Verfahren herstellen kann.
§ 18 Abs. 2 sollte zudem eine sprachliche Präzisierung erfahren, sodass nicht jede Identifizierung von Leistungserbringern und -trägern untersagt ist, um z.B. die Erstellung von Benchmarks im Rahmen von Qualitätssicherungsregistern nicht zu verhindern. Das Verbot sollte sich auf unbefugte Identifizierungsversuche beschränken, abhängig von der gestatteten Nutzung der Daten durch den Registerbetreiber.
14. zu § 20 Technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz der Daten durch qualifizierte Medizinregister:
Bewertung: In § 20 Abs. 4 wäre eine Klarstellung wünschenswert, ob hiermit die Löschung des Personenbezugs (also eine Anonymisierung) gemeint ist oder die vollständige Löschung 100 Jahre alter Datensätze. Es erscheint ausgeschlossen, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Ablauf dieses Zeitraums noch eine Rolle spielt.
15. zu § 21 Verarbeitung der Krankenversichertennummer:
Bewertung: Der vorgesehene Erlaubnistatbestand, dass Register und meldende Gesundheitseinrichtungen die Krankenversichertennummer (KVNR) speichern und verarbeiten dürfen, und der explizit genannte Zweckbezug (Erstellung eines Pseudonyms zur Datenverknüpfung) sind ausgesprochen wichtig. Ein Unique Identifier als Forschungspseudonym wird auch jenseits der Register im Gesundheitswesen benötigt, und es ist zu hoffen, dass von dieser Regelung eine präzedenzielle Wirkung für andere Bereiche ausgeht. Zu begrüßen ist, dass diese Erlaubnis nicht an den Qualifizierungsprozess gekoppelt wird (zumindest ist so die Formulierung in Abs. 1 S.1 zu verstehen), da es für die Datenbestände essenziell ist, dass bei der Erhebung Daten über einen solchen Identifikator bestimmten Behandlungsfällen zugeordnet werden können, unabhängig davon, ob sich das Register später erfolgreich eine Qualifizierungsverfahren unterzieht. Die Wahl der KVNR ist naheliegend (zumal auch die digitalen Identitäten im Gesundheitswesen bei der Gematik für Versicherte auf der KVNR aufsetzen) und für den Anwendungsbereich des vorliegenden Gesetzes auch ausreichend. Das liegt aber vor allem daran, dass die Verknüpfungserlaubnis nach § 16 so stark eingeschränkt und auf qualifizierte Register untereinander begrenzt ist (unsere Kritik hieran siehe oben). Sollte sinnvollerweise die Verknüpfungserlaubnis erweitert werden, so stellt sich die Frage der Auswahl der KVNR als Unique Identifier noch einmal anders: Relevante Datenbestände im Gesundheitswesen, die insbesondere für die Langzeitverfolgung von Krankheitsverläufen relevant sind, wie z.B. Daten zu Rehabilitationsmaßnahmen der Deutschen Rentenversicherung oder Berufsunfähigkeitsdaten der Gesetzlichen Unfallversicherung, führen die KVNR nicht mit. Um eine systemische Lösung der Frage der Verknüpfung verteilter Datenbestände und eines durchgängigen Identifiers – einschließlich der Verpflichtung vieler Akteure, diesen auch zu dokumentieren und mitzuführen – kommt man perspektivisch nicht herum.
Weitere Anmerkungen hierzu:
- §21 Abs. 1 und Änderung § 290 Abs. 5 [in Art. 2]: Unklar ist, was die Rechtsgrundlage für die Verar-beitung der KV-Nummer sein soll. §290 Abs. 5 SGB V enthält sprachlich den gleichen Inhalt wie §21 Abs. 1 MRG. Nach der Gesetzesbegründung sollen beide den gleichen Sachverhalt regeln.
- §21 Abs. 3 verweist auf § 8 Abs. 5. Es dürfte sich um einen redaktionellen Fehler handeln, die Verwei-sung auf § 9 Abs. 5 läge näher.
- Schließlich sollte klargestellt werden, ob die Register die KVNR oder nur das erstellte Pseudonym spei-chern dürfen. Notwendig für eine Datenverknüpfung ist Ersteres, da die Register unterschiedliche Pseu-donymisierungsalgorithmen verwenden können.
- Kritisch ist die zusätzliche Widerspruchsmöglichkeit zur KVNR-Nutzung. Deren Notwendigkeit sollte dringend überprüft werden, da es zur einwilligungsfreien Datennutzung nach §10 ohnehin eine Wider-spruchsmöglichkeit gibt, die dann auch die Datenverknüpfung und die diesbezügliche KVNR-Nutzung mit umfasst.
Insgesamt ist die mehrfache Anzahl unterschiedlicher Widerspruchs- und Widerrufsprozesse im MRG komplex und verursacht in der Umsetzung hohe Aufwände bei den meldenden Gesundheitseinrichtungen und Registern, zudem bietet die Verwaltung unterschiedlicher Widerspruchsoptionen Fehlermöglichkeiten zulasten der Betroffenenrechte.
Ebenfalls gibt es im MRG an mehreren Stellen nahezu gleichlautende Transparenzpflichten, die zudem nahezu wort- und sinngleich zu den Regelungen im GDNG sind. Hier sollte eine Vereinfachung und Bündelung in der Umsetzung erfolgen.
Empfehlungen zu den §§ zur Datenverarbeitung: (ergänzend zu o. a. Anregungen zu einzelnen Einzelempfehlungen)
- Wir empfehlen die Überprüfung und kleineren redaktionellen Ergänzungen der kommentierten §§ wie in der Bewertung erläutert.
- Wir empfehlen, die Auslagerung der Vorgaben zum Datenkranz in untergesetzliche Normen zu prüfen.
- Wir regen weiterhin an, die Verweislogik hinsichtlich der Stellung der einwilligungsfreien Register im Gesetz zu überprüfen.
- Wir empfehlen eine Überprüfung und Reduktion der verschiedenen opt-out-Optionen und eine Zusammenführung und Vereinheitlichung aller Informationspflichten. Dies sollte unter Vereinheitlichung mit dem GDNG erfolgen und auch die Geheimhaltungspflichten und Strafvorschriften mit umfassen, im Sinne einer Komplexitätsreduktion für alle Register und meldenden Gesundheitseinrichtungen, aber auch für die Betroffenen.
- Die vorgesehenen Regelungen zur Zusammenführung von Daten (Datenverknüpfung) und zur KVNR-Nutzung hierbei sollten grundlegend erweitert werden.
(keine ausformulierten Änderungsvorschläge)
c) Strukturbildung: ZMR (§3, §4), Medizinregisterverzeichnis (§5)
16. zu § 3 Zentrum für Medizinregister und § Aufgaben des Zentrums für Medizinregister:
Bewertung: Das Qualifizierungsverfahren benötigt einen wissenschaftlichen Prozess mit der Möglichkeit, in einem lernenden System den Qualifizierungsprozess in enger Zusammenarbeit mit der Community der Medizinregister weiterzuentwickeln (wie ausführlich im Kommentar zu §6 dargelegt, siehe oben). Bei der Betrachtung der in § 4 angegebenen Aufgaben des Zentrums für Medizinregister nach § 4 findet man zudem keine solchen, die zwingend hoheitlichen erbracht werden müssen. Eine alleinige behördliche Verortung (wie mit der vorgesehenen im BfArM als Bundesoberbehörde) ist daher weder zwangsläufig noch zielführend. Auch sieht das aktuelle Regierungsprogramm Entbürokratisierung und eine Überprüfung behördlicher Aufgaben vor.2 Aufgrund des für den Erfolg des Gesetzes essenziellen wissenschaftlichen Charakters der ZMR-Aufgaben bezüglich der Qualifizierung von Registern sollte diese Stelle stattdessen im wissenschaftlichen Raum öffentlich vergeben oder beliehen werden. Wir empfehlen daher, dass die Aufgaben eines ZMR öffentlich ausgeschrieben werden, und Wissenschaftseinrichtungen sollten sich hierauf bewerben können. Notwendige hoheitliche Autorisierungen können im Rahmen einer Rechtsaufsicht durchgeführt werden. Ein solches Modell erlaubt auch einfacher, in längeren Evaluationszyklen grundsätzliche Veränderungen des ZMR-Systems bis hin zum Akteurswechsel vorzunehmen (z.B. durch Vergabe an einen anderen Auftragnehmer).
Weiterhin zu § 4 Abs. 1 Nr. 4: Wie bereits ausführlich dargelegt sollte die Aufnahme von Meldung und Veröffentlichung nicht auf alle Anträge zur Datennutzung angewendet werden, sondern sich auf die tatsächlichen Datennutzungen beschränken (siehe Kommentar zu §17 weiter oben).
Empfehlung: Wir empfehlen eine grundlegende Revision der §§3,4 und statt einer behördlichen Aufgabenzuweisung eine öffentliche Ausschreibung der Aufgaben einer ZMR, an der sich wissenschaftliche Einrichtungen beteiligen können.
(keine ausformulierten Änderungsvorschläge)
17. zu § 5 Medizinregisterverzeichnis:
§5 beschreibt das Medizinregisterverzeichnis (MRV) und regelt die verpflichtende Eintragung für qualifizierte Register.
Bewertung: Nicht eindeutig beschrieben wird, ob die Eintragung im MRV Vorbedingung für eine Qualifizierung ist oder im Rahmen der Qualifizierung oder danach erfolgt – in § 5 Abs. 4 wird festgelegt, dass sich qualifizierte Medizinregister innerhalb von 2 Monaten nach „Inbetriebnahme“ im Verzeichnis einzutragen haben. Ebenso bleibt unklar, für welche (noch) nicht-qualifizierten Register die Eintragung freiwillig ist – Abs. 4 schafft eine sehr breite da facto-Pflicht zur Eintragung – und wie sich die Verzeichniseintragung auf die Meldepflicht der Datensatzbeschreibung nach Art. 60 Abs. 3 und 4 EHDS-VO auswirkt. In Abs. 2 ist klarzustellen, dass mit Informationen zur Verfügbarkeit der Daten nicht Machbarkeitsanfragen gemeint sind, sondern die Lieferung der Meta-Daten zum betreffenden Register.
Die Formulierung der in § 5 Abs. 4 festgelegten Eintragungspflicht qualifizierter Register in der Medizinregisterverzeichnis ist in mehrfacher Weise irreführend. Die meisten Qualifizierungsanträge werden von bereits bestehenden und aktiven Medizinregistern gestellt werden. Auch die bestehenden Register, die auf Grund von Bundesrecht errichtet oder vom Bund oder der gesetzlichen Krankenversicherung ganz oder teilweise finanziert werden, können sich nicht mehr 2 Monate nach Inbetriebnahme eintragen. Bezieht sich die Inbetriebnahme auf das Verzeichnis ergeben sich ebenfalls Missverständnisse.
Sinnvollerweise sollte die Eintragung in das Verzeichnis für Medizinregister ohne öffentliche Finanzierung vor der Qualifizierung auf freiwilliger Basis erfolgen und eine Qualifizierung ohne vorherige Eintragung nicht möglich sein. Weiterhin sollte klargestellt werden, dass in Abs. 4 die Formulierung „oder vom Bund [..] finanziert“ sich nur auf Aufbau und Betrieb beziehen sollte. Viele Register führen Studien oder Analyseprojekte auf den bestehenden Registerdaten durch, die über öffentliche Förderung ermöglicht werden, sich aber von der Grundfinanzierung des Registers zu Aufbau und ggf. Betrieb abgrenzen.
Empfehlung: Wir empfehlen die sprachliche Überarbeitung von § 5 Abs. 4 sowie eine klärende Überarbeitung von Abs. 6 zu der Rolle des Medizinregisterverzeichnisses im Rahmen der EHDS-VO.
(keine ausformulierten Änderungsvorschläge)
III. Was fehlt im MRG?
- Im Gesetz fehlt ein Hinweis darauf, dass Beratung und gemeinsame Qualitätsentwicklung eines finanzierten wissenschaftlichen Rahmens bedürfen. Die Regulatorik allein schafft noch keine Datenqualität. Hier müsste der Gesetzgeber ressortübergreifend den Willen und den Auftrag zur Qualitätsentwicklung äußern.
- Dasselbe gilt für die Finanzierung der Register und für die Finanzierung registerbasierter Auswertungen und Studien. Soweit gesetzlich möglich, sollten Rahmenbedingungen und Strukturen für Förderfähigkeit und Förderungsmöglichkeiten benannt werden.
- Da es sich beim Verfahren der Qualifizierung und der daran gekoppelten Erleichterung in der Datenverarbeitung um ein neues, innovatives Konzept im wissenschaftlichen Raum handelt, sollte von vornherein eine wissenschaftliche, gesundheitsökonomische und ethische Begleitforschung und Evaluation vorgesehen werden.
Kontakt für die gemeinsame Stellungnahme:
Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e. V. (TMF)
Charlottenstraße 42, 10117 Berlin
info@tmf-ev.de
030–22 00 247–0
Fußnoten
1 siehe insbesondere Registergutachten von TMF & BQS für das BMG (2021): “Gutachten zur Weiterentwicklung me-dizinischer Register zur Verbesserung der Dateneinspeisung und -anschlussfähigkeit” https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/publikationen/details/gutachten-zur-weiterentwicklung-medizinischer-register-zur-verbesserung-der-dateneinspeisung-und-anschlussfaehigkeit-1.html
2 siehe Koalitionsvertrag “Verantwortung für Deutschland” Z.1810 ff.