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Registertage 2025: Register im Zentrum moderner Gesund­heits­forschung

Vom 13. und 14. Mai 2025 lud die TMF zur größten deutschsprachigen Fachtagung für medizinische Register nach Berlin ein.

Eine lachende Frau mit geblümten Oberteil zwischen mehreren anderen Menschen

Rund 170 Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik, Industrie und Patientenorganisationen trafen sich am 13. und 14. Mai zu den Registertagen 2025 in Berlin. © TMF e.V.

Unter dem Motto „Register – Perspektiven für eine bessere Datennutzung“ lud die TMF am 13. und 14. Mai 2025 zur größten deutschsprachigen Fachtagung für medizinische Register nach Berlin ein. Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik, Industrie und Patientenvertretungen diskutierten im Kaiserin Friedrich-Haus über die Zukunft der Registerlandschaft. „Eine verbesserte Nutzung der Daten aus medizinischen Registern könnte bestehende Evidenzlücken schließen, Zulassungsprozesse unterstützen und sogar beschleunigen, sodass neue therapeutische Verfahren schneller zu den Patientinnen und Patienten gelangen.“, ist sich TMF-Registerexpertin Dr. Anna Niemeyer sicher.

TMF-Geschäftsführer Sebastian C. Semler auf den Registertagen 2025

TMF-Geschäftsführer Sebastian C. Semler. © TMF e.V.

Registergesetz soll bessere Datennutzung von Registern fördern

Dazu müssen nationale und europäische Rahmenbedingungen so gestaltet werden, dass Register anschlussfähig und damit ihre Daten besser, sicherer und nutzbringender eingesetzt werden können. Das soll unter anderem durch das im neuen Koalitionsvertrag festgeschriebene Registergesetz erreicht werden. „Ein Registergesetz muss aus Sicht der TMF bundesweit einheitliche Rechtsgrundlagen für die Datenverarbeitung für medizinische Register adressieren, eine direkte Datenverknüpfung mit anderen Datenquellen (Record Linkage) sowie die Durchführung registerbasierter Studien ermöglichen. Darüber hinaus halten wir eine wissenschaftsnahe Zentralstelle medizinischer Register (ZMR) als Unterstützungseinrichtung und Anlaufstelle für Wissenschaft, Gesundheits- und Förderwesen für unabdingbar“, unterstrich TMF-Geschäftsführer Sebastian C. Semler in seiner Begrüßung zur Eröffnung der Registertage 2025.

Session: "Patienten­perspektive: Register aus Sicht der Beobachteten"

In Session 1 der Registertage kamen Patientinnen und Patienten zu Wort.

Stephan Kruip, Vorsitzender des Bundesverbands Mukoviszidose e.V., warf in seinem Vortrag über Patientenregister bei seltenen Erkrankungen die Frage in den Raum, ob Register einfach nur nice-to-have oder unabdingbar für qualitativ gute Versorgung sind. Kruip ist einer von 8.000 Menschen in Deutschland, die von Mukoviszidose – einer rezessiv vererbten Stoffwechselerkrankung – betroffen sind. Für ihn sind Register von signifikanter Relevanz.

„Als Patient mit einer seltenen Erkrankung bin ich überzeugt, dass der Nutzen von Patientenregistern für die Forschung, die Qualitätssicherung der Versorgung, ja sogar zur Therapieverbesserung des einzelnen Patienten unschätzbar ist.“, so Kruip.

Stephan Kruip auf den Registertagen 2025

Stephan Kruip, Bundesverband Mukoviszidose e.V. © TMF e.V.

Im anschließenden Vortrag stand das deutschlandweite Multiple Sklerose (MS) Register der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) mit Alexander Stahmann, Geschäftsführer des MS-Registers, und Ute Quante, Mitglied des Bundesbeirates MS-Erkrankter, im Fokus. Die DMSG hat bereits 2001 die Initiierung des MS-Registers mit dem Auftrag vorangetrieben, verlässliche Daten zur Krankheit zu erfassen, Wissenslücken hinsichtlich der MS zu schließen und die Behandlungs- und Versorgungssituation von Betroffenen zu verbessern.

Alexander Stahmann auf den Registertagen 2025

Alexander Stahmann, Geschäftsführer des MS-Registers. © TMF e.V.

Ute Quante auf den Registertagen 2025

Ute Quante, Mitglied des Bundesbeirates MS-Erkrankter. © TMF e.V.

Im letzten Vortrag der Session ging es schließlich um „oregis – das Register für Augenheilkunde“, welches von Maren Arndt und Franz Badura von der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft e.V. (DOG) vorgestellt wurde.

Tagtäglich werden in Augenkliniken und augenärztlichen Praxen große Mengen medizinischer Daten erfasst. Dennoch, so Arndt, konnte man bis vor Kurzem keine exakten Zahlen – z. B. zur Häufigkeit von Erkrankungen oder zur Wirkung von Therapien – angeben. Erst mit oregis wurde in Deutschland ein Register geschaffen, das umfassende Daten auf dem Gebiet der Ophthalmologie sammelt. Arndt merkte an:

Das erklärte Ziel des Registers ist die Verbesserung der Versorgungsforschung, um auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse die Patienten­versorgung zu optimieren.

Franz Badura hielt fest, dass in oregis mithilfe aktueller Real-World-Daten zum ersten Mal vernünftige Versorgungsrealitäten in Deutschland festgestellt werden können. Der Ansatz sei, dass nicht allein von Personen aus dem medizinischen und wissenschaftlichen Bereich formulierte Fragestellungen im Register berücksichtigt werden, sondern auch der Input von Patientenorganisationen.

Franz Badura auf den Registertagen 2025

Franz Badura, Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft e.V. (DOG). © TMF e.V.

Maren Arndt auf den Registertagen 2025

Maren Arndt, Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft e.V. (DOG). © TMF e.V.

Session: "Forschende Perspektive: Register als Schlüssel für die Wissen­schaft"

Nach der Mittagspause moderierte PD Dr. Anne Regierer, DRFZ Berlin und Sprecherin der TMF-AG Register, die Session zur „Perspektive der Forschenden“. Kernfragen waren hierbei: Wie kann Forschung in Verbindung mit Registern gelingen? Und was kann ein Register dafür tun, um diese (externe) Forschung zu fördern?

Paula Starke auf den Registertagen 2025

Paula Starke, Universitätsmedizin Göttingen. © TMF e.V.

Paula Starke, Universitätsmedizin Göttingen, und Prof. Dr. Tim Mathes, Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, hielten einen Vortrag zur Target-Trial-Emulation mittels Registerdaten zur Nutzenbewertung von Arzneimitteln. Im Fokus stand hierbei das Projekt NANA, das Anfang 2024 gestartet ist. Ziele des Projekts sind die Beurteilung der Machbarkeit nicht-randomisierter Auswertungen auf Basis (deutscher) Registerdaten zur Nutzenbewertung von Arzneimitteln und die Weiterentwicklung der Auswertungsmethodik sowie Nutzbarkeit von Registern für die Bewertung von Interventionseffekten.

Prof. Dr. Tim Mathes erläuterte, dass bei einem Target-Trial-Emulation-Framework zunächst eine kausale Fragestellung als Protokoll einer hypothetischen, randomisierten Studie (RCT) formuliert wird. Im nächsten Schritt kommt es zu einer expliziten Nachbildung der Komponenten dieses Protokolls anhand von Beobachtungsdaten. Paula Starke stellte zur Veranschaulichung ein Praxis-Beispiel vor, bei dem zwei Medikamente gegen schubförmig remittierende Multiple Sklerose in Vergleich gesetzt wurden.

Prof. Dr. Tim Mathes auf den Registertagen 2025

Prof. Dr. Tim Mathes, Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. © TMF e.V.

Auch im Vortrag von Hannah Grillmaier, Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e.V., wurde ein Projekt genauer beleuchtet: REGINT (Registerbasierte Interventionsstudien in Deutschland) ist ein vom Bundesministerium für Gesundheit gefördertes Projekt, das die Entwicklung von Empfehlungen für geeignete Rahmenbedingungen sowie die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen im Kontext registerbasierter Studien zum Ziel hat. Grillmaier stellte die drei Phasen von REGINT vor – von der Bestandsaufnahme über Fallbeispiele bis hin zur Entwicklung konkreter Empfehlungen zur gesetzlichen Gestaltung und methodischen Umsetzung.

Hannah Grillmaier auf den Registertagen 2025

Hannah Grillmaier, Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e.V. © TMF e.V.

Im weiteren Verlauf der Session stellten Dr. Esther Seidel-Jacobs, Deutsches Diabetes-Zentrum (DDZ), und Dr. Barbara Kind, Deutsches Neurodermitis-Register TREATgermany, die Erfahrungen und Erkenntnisse aus sechs Monaten wissenschaftlicher Kollaboration im Rahmen der Fortbildung „Registerbasierte Forschung“ (REGIBA) vor. Ziel von REGIBA ist die Wissens- und Kompetenzvermittlung für ein besseres Registermanagement und die Durchführung registerbasierter Studien. Seidel-Jacobs merkte an:

Auch für erfahrene Expertinnen und Experten im Gesundheits­wesen lohnt sich eine Weiter­bildung in der Register­forschung – ein Feld mit eigenen Anforde­rungen und großem Potenzial.

Kind stellte daran anschließend die Analyseergebnisse aus einem Vergleich zwischen zwei Kohorten vor, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten an der REGIBA-Fortbildung teilgenommen haben. Vergleichsaspekte waren hierbei z. B. die Altersgruppe, der fachliche Hintergrund sowie die Zusammenarbeit und Koordination innerhalb der Peergroup. Als Fazit hielt Kind fest, dass REGIBA eine Qualifizierung von Personen aus dem Register-Umfeld anstrebt, wodurch es wiederum zu einer Verbesserung der Qualität von Registern kommt.

Dr. Barbara Kind und Dr. Esther Seidel-Jacobs auf den Registertagen 2025

V. l. n. r.: Dr. Barbara Kind, Deutsches Neurodermitis-Register TREATgermany, und Dr. Esther Seidel-Jacobs, Deutsches Diabetes-Zentrum (DDZ). © TMF e.V.

Im nächsten Teil der Session hielten Svenja Windeck und Dr. Saskia von Stillfried vom Universitätsklinikum Aachen einen Vortrag zum Thema „Das Nationale Obduktionsregister – Wo Wissen weiterlebt“.

Windeck machte darauf aufmerksam, dass es in der Medizin vor allem die letzten Kapitel im Leben eines Menschen sind, die entscheidende Hinweise liefern – z. B. auf Krankheitsverläufe oder Therapiegrenzen. Ohne Obduktionen, also die innere Untersuchung von Verstorbenen, geht Wissen für immer verloren. Das Nationale Obduktionsregister bietet hier die Lösung: Daten werden gesammelt, bewahrt und für die Forschung wie auch Versorgung nutzbar gemacht.

Ein Beispiel hierfür ist das Pilotmodul ICU, vorgestellt von Dr. Saskia von Stillfried, bei dem es sich um das erste im Obduktionsregister implementierte Modul handelt. Ziel hierbei ist eine Auswertung von Todesursachen und nicht-todesursächlichen Befunden nach intensivmedizinischer Behandlung. Sie führte darüber hinaus drei Use-Cases an, in denen das Register bereits zum Einsatz gekommen ist: erosive Tracheobronchitis, Blutungen bei COVID-19-Fällen mit ECMO-Therapie und multizentrische Studien.

Dr. Saskia von Stillfried auf den Registertagen 2025

Dr. Saskia von Stillfried, Universitätsklinikum Aachen.

Svenja Windeck auf den Registertagen 2025

Svenja Windeck, Universitätsklinikum Aachen. © TMF e.V.

Den letzten Teil der Session vor der Diskussionsrunde bildeten schließlich Alexander Grimberg, EPRD Deutsche Endoprothesenregister gGmbH, und PD Dr. Friederike Schömig, Charité – Universitätsmedizin Berlin.

Alexander Grimberg auf den Registertagen 2025

Alexander Grimberg, EPRD Deutsche Endoprothesenregister gGmbH. © TMF e.V.

Grimberg machte den Anfang mit seinem Vortrag zur registerbasierten Forschung in der Endoprothetik, in dem er die Möglichkeiten und Grenzen des Endoprothesenregisters Deutschland (EPRD) aufzeigte. Das EPRD ist weltweit das drittgrößte Register seiner Art und hat das Ziel, einen Beitrag zur Verbesserung der Versorgungsqualität in der Hüft- und Knieendoprothetik zu leisten. Bei der Registerdokumentation, so Grimberg, werden diverse Daten zu Patientinnen und Patienten sowie zum Eingriff festgehalten.

PD Dr. Friederike Schömig auf den Registertagen 2025

PD Dr. Friederike Schömig, Charité – Universitätsmedizin Berlin. © TMF e.V.

PD Dr. Friederike Schömig sprach daran anschließend über innovative Strategien in der Entwicklung erweiterter Registerstrukturen und machte gleich zu Anfang darauf aufmerksam, dass für sie in der Registerforschung – vor allem in der Orthopädie – ein großes Potenzial steckt. Das EPRD-Register erfasst im Jahr 300.000 Hüft- und Kniegelenksendoprothesen, dennoch hält sich der wissenschaftliche Output in Grenzen. Es besteht somit Weiterentwicklungsbedarf. Schömig hielt fest: „Blicke ich in die Zukunft, so sollte ein klares Ziel eine effektivere Nutzung neuer und innovativer Technologien sowohl in der Diagnostik als auch in der Analyse eingesetzter Versorgungsformen in der Behandlung muskuloskeletaler Erkrankungen sein.“

Panel: „Ökonomische Perspektive – Nutzen messen, Kosten be­werten“

Die Session „Ökonomische Perspektive Nutzen messen, Kosten bewerten“ setzte sich mit dem Spannungsfeld zwischen gesellschaftlichem Nutzen und wirtschaftlichem Aufwand von Registern auseinander. Moderiert wurde sie von Dr. Anna Niemeyer, TMF e.V.

Den Auftakt machte Prof. Dr. Juliane Köberlein-Neu, Bergische Universität Wuppertal, mit einem Impulsvortrag zum „Value of Information als Bewertungsrahmen für klinische Register“. Darin demonstrierte sie, wie Register einen Beitrag zur Transparenz und zur Reduktion von Unsicherheit leisten können etwa durch Erkenntnisse zur Versorgungsqualität oder zur Nutzenbewertung von Arzneimitteln bzw. Interventionen.

Am Beispiel des HerediCaRe-Registers, welches genetische und klinische Daten aus der Routineversorgung bei Frauen mit einer erblichen Belastung für Brust- und Eierstockkrebs sammelt, zeigte sie den Nutzen einer risikoadaptierten Früherkennung für Frauen mit erblicher Belastung für Brust- und Eierstockkrebs als flächendeckende GKV-Leistung aus gesundheitsökonomischer Perspektive auf. Entscheidend sei, dass Register auf konkrete gesundheitspolitische Entscheidungsbedarfe ausgerichtet seien, so Köberlein-Neu.

Prof. Dr. Juliane Köberlein-Neu auf den Registertagen 2025

Prof. Dr. Juliane Köberlein-Neu, Bergische Universität Wuppertal. © TMF e.V.

In der anschließenden Diskussion wurde diskutiert, wie sich der konkrete Nutzen eines Registers für die Weiterentwicklung des Gesundheitssystems beziffern lässt. PD Dr. Anne Regierer, Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin, wies darauf hin, wie komplex die Frage nach dem ökonomischen „Wert“ eines Registers sei – eine einfache Antwort gebe es nicht. Vielmehr müsse man sich im Vorfeld mit den Zielen und dem langfristigen Nutzen auseinandersetzen. Prof. Dr. Tim Mathes, IQWiG, betonte, dass der Zweck eines Registers klar definiert sein sollte, bevor es aufgebaut wird. Nur so könne der Aufwand begrenzt und der Nutzen maximiert werden. Dipl.-Math. Tobias Hartz vom Klinischen Krebsregister Niedersachsen unterstrich, wie wichtig eine bewusste Auswahl der erfassten Daten eines Registers sei – jedes zusätzliche Item koste Zeit und Geld. Er sprach sich für eine stärkere Nutzung von Data Linkage aus, um redundante Datenerhebungen zu vermeiden. Prof. Dr. Rita Schmutzler, Uniklinik Köln, verwies auf die Bedeutung generischer Registerkonzepte. In der AG Register der TMF arbeite man daran, strukturelle Grundlagen zu schaffen, die auch anderen Projekten als Orientierung dienen können.

Die Diskussion verdeutlichte, dass Register nicht nur technische oder methodische, sondern auch ökonomische Planung und Bewertung erfordern. Die TMF leistet mit ihrer Koordination, Moderation und Gremienarbeit einen wesentlichen Beitrag zur Professionalisierung dieser Prozesse.

PD Dr. Anne Regierer auf den Registertagen 2025

PD Dr. Anne Regierer, Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin. © TMF e.V.

Dipl.-Math. Tobias Hartz auf den Registertagen 2025

Dipl.-Math. Tobias Hartz, Klinisches Krebsregister Niedersachsen. © TMF e.V.

Prof. Dr. Rita Schmutzler auf den Registertagen 2025

Prof. Dr. Rita Schmutzler, Uniklinik Köln. © TMF e.V.

Panel: „Nationale Perspektive: Die Zukunft der Registerlandschaft in Deutschland“

In der Session „Nationale Perspektive: Die Zukunft der Registerlandschaft in Deutschland“ diskutierten Dr. Ulrike Götting, Geschäftsführerin des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (vfa), und MinR’in Jana Holland, Leiterin des Referats 311 "Medizinische Datenbanken und Register" im Bundesministerium für Gesundheit, über die nächsten Schritte zur Stärkung medizinischer Register in Deutschland. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie Register als zentraler Bestandteil eines modernen Gesundheitsdatenökosystems zukunftsfähig aufgestellt werden können.

Dr. Ulrike Götting eröffnete mit einem klaren Appell: "Wir müssen das Registerthema zu einem Gewinnerthema machen. Ich werbe für Tempo! Registerdaten müssen verlässlich, praxisnah und forschungsfreundlich genutzt werden können.MinR’in Jana Holland bekräftigte die politische Relevanz des Themas: „Register sind die Perlen im Gesundheitsdatenökosystem, weil es sich um strukturierte, qualitativ hochwertige und kuratierte Daten handelt. Mit dem im Koalitionsvertrag genannten Registergesetz wollen wir die Weiterentwicklung medizinischer Register fördern, die Datennutzung verbessern und die Anbindung von Registern an den Europäischen Gesundheitsdatenraum vorbereiten." Register lieferten strukturierte, kuratierte Daten mit hohem Erkenntniswert. Jetzt gelte es, diese Potenziale durch bessere Rahmenbedingungen zu heben.

Beide Sprecherinnen waren sich einig: Die Weiterentwicklung der Registerlandschaft ist ein zentrales Reformfeld eines digitalen Gesundheitswesens. Die Registertage sollten ein Signal für ein koordiniertes, anschlussfähiges Registersystem in Deutschland setzen, das europäische Entwicklungen mitdenkt und die Nutzung hochwertiger Gesundheitsdaten gezielt fördert.

Register sind die Perlen im Gesundheits­datenökosystem, weil es sich um strukturierte, qualitativ hochwertige und kuratierte Daten handelt.

MinR'in Jana Holland auf den Registertagen 2025

MinR'in Jana Holland, Bundesministerium für Gesundheit, Leiterin des Referats 311 "Medizinische Datenbanken und Register". © TMF e.V.

Dr. Ulrike Götting auf den Registertagen 2025

Dr. Ulrike Götting, Geschäftsführerin beim Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (VFA). © TMF e.V.

Panel: "Europäische Perspektive: Der Euro­pean Health Data Space (EHDS) und seine Aus­wirkungen auf Register"

Der zweite Tag der Registertage startete mit einer spannenden Paneldiskussion zum Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) und seine Auswirkungen auf Register. Unter Leitung von Tobias Hartz, Klinisches Krebsregister Niedersachsen, diskutierten Dr. Kerstin Weitmann, Universitätsmedizin Greifswald, Prof. Dr. Sylke Zeißig, Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren e. V., und Dr. Nilofar Badra-Azar, Bundesministerium für Gesundheit (BMG), die Herausforderungen und Chancen.

Der EHDS bringt neue Möglichkeiten, aber auch Anforderungen für Register mit sich. Die EHDS-Verordnung (EU 2025/327) ist am 25. März 2025 in Kraft getreten. Bis 2029 müssen die nationalen Datenzugangsstellen in den Mitgliedsstaaten betriebsbereit sein. Details des EHDS werden derzeit im Rahmen europäischer Projekte (u. a. der Joint Action TEHDAS2) ausgearbeitet. Doch welche regulatorischen Verpflichtungen bestehen, und wie können Register ihre Daten auf europäischer Ebene optimal nutzen? Die Session gab einen Überblick über laufende nationale und europäische Abstimmungsprozesse. Die Diskutierenden lobten die Vision des EHDS, wiesen jedoch auf die Heterogenität der Register hin. Sie forderten eine bessere Berücksichtigung der Perspektive der Datenverantwortlichen.

Dr. Kerstin Weitmann auf den Registertagen 2025

Dr. Kerstin Weitmann, Universitätsmedizin Greifswald. © TMF e.V.

Prof. Dr. Sylke Zeißig auf den Registertagen 2025

Prof. Dr. Sylke Zeißig, Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren e. V. © TMF e.V.

Dr. Nilofar Badra-Azar auf den Registertagen 2025

Dr. Nilofar Badra-Azar, Bundesministerium für Gesundheit (BMG). © TMF e.V.

Panel: "Regulatory per­spective: Using registry data for regulatory purposes"

Im Rahmen der Sitzung „Regulatory perspective: Using registry data for regulatory purposes“ diskutierten führende Expertinnen und Experten aus nationalen und internationalen Behörden mit der Community, wie Registerdaten künftig stärker für regulatorische Zwecke genutzt werden können. Im Mittelpunkt standen die Anforderungen an die Datenqualität, Unterschiede zwischen nationalen und europäischen Regularien sowie Ansätze zur Harmonisierung und Standardisierung.

Ein zunehmend wichtiger werdendes Einsatzgebiet von medizinischen Registern ist die Generierung versorgungsnaher Evidenz für regulatorische Zwecke, etwa zur Nutzenbewertung, im Rahmen der Bewertung von Gesundheitstechnologien (HTA-Verfahren) oder für registerbasierte randomisierte Studien (rRCTs). „Erstattung mit Evidenzgenerierung wird auch in Deutschland zukünftig zunehmend wichtig werden. Register und registerbasierte RCTs könnten dabei eine zentrale Rolle spielen, denn sie sind für eine agile und langfristig aufwandsreduzierte Forschung besonders geeignet“, prognostizierte Dr. Thomas Kaiser, Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) im Vorfeld der Veranstaltung.

Dr. Carla Jonker von der niederländischen Regulierungsbehörde Medicines Evaluation Board (MEB) betonte, wie wichtig eine hohe Datenqualität und ein guter Datenzugang sind. Sie hielt fest:

Um verwertbare Evidenz für regulatorische Entscheidungen bereitzustellen, müssen Regis­terdaten genau, ausreichend, konsistent, zeitnah und valide sein. Für Regulierungs­behörden zählt die Datenqualität mehr als die Datenmenge.

Dr. Carla Jonker

Dr. Carla Jonker, Medicines Evaluation Board (MEB). © TMF e.V.

Dr. Stefanie Weber vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wies darauf hin, dass „Register ein wertvoller Baustein im europäischen Gesundheitsdatenraum und im Datenraum Deutschland sind. Durch eine gemeinsame Herangehensweise, eine gemeinsame Standardisierung und einen stetigen Austausch kann man den Mehrwert der gesammelten Daten generieren, ohne dabei die Datenerhebenden zu überfordern.“

Prof. Dr. Kit Roes, Radboud University Medical Center, Netherlands, betonte das Potenzial, welches Registerdaten für patientenzentrierte Entscheidungen in der Regulierung und der Nutzenbewertung von Gesundheitstechnologien haben und für die evidenzbasierte Bewertung von Therapien haben. Das übergeordnete Ziel ist es, Kosten für die Arzneimittelentwicklung zu senken und den Zugang zu Medikamenten für Patientinnen und Patienten in Europa zu verbessern.

Für die Registerlandschaft in Europa ist dies ein starkes Signal: Nur durch gezielte Harmonisierung, langfristige Qualitätssicherung und enge Zusammenarbeit mit regulatorischen Akteuren können Register ihren vollen Nutzen entfalten. Die Politik ist gefragt, verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um das Potenzial von Real-World-Daten systematisch für Patientensicherheit und evidenzbasierte Gesundheitsversorgung nutzbar zu machen.

Dr. Stefanie Weber auf den Registertagen 2025

Dr. Stefanie Weber, Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). © TMF e.V.

Prof. Dr. Kit Roes auf den Registertagen 2025

Prof. Dr. Kit Roes, Radboud University Medical Center, Netherlands. © TMF e.V.

Session: "Industrielle Perspektive: Register in der Anwendungs­beglei­tenden Datenerhebung (AbD) und Post-Authori­sation Safety-Studien (PASS)"

Register spielen eine zunehmend wichtige Rolle in der Entwicklung und Bewertung neuer Therapien. Sie ermöglichen die strukturierte Erfassung von Versorgungsdaten im klinischen Alltag und liefern damit wertvolle Real-World-Evidence, die regulatorische Entscheidungen ergänzen können. Wie Register in der anwendungsbegleitenden Datenerhebung (AbD) und bei Post-Authorisation Safety-Studien (PASS) eingesetzt werden können, diskutierten Dr. Rimma Berenstein, Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA), Dr. Hanna Bayer, Roche Pharma AG, Paul Bussilliat, Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (VFA), Dr. Katharina Dörnbrack, Universitätsklinikum Freiburg, und Alexander Stahmann, Deutsche Gesellschaft für Multiple Sklerose, in einer spannenden Session der Registertage 2025. Moderiert wurde sie von Dr. Editha Räuscher, TMF e.V.

Dr. Rimma Berenstein wies darauf hin, dass qualitativ hochwertige Registerdaten insbesondere bei seltenen Erkrankungen einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Evidenz für die Nutzenbewertung leisten können. Mit Blick auf die Datenerhebung nach Markteinführung in Deutschland forderte Berenstein dazu auf, dass „Arzneimittelhersteller gleich ein passendes Register suchen sollten, wenn keine RCT durchgeführt werden kann“.

Pharmaunternehmen sollten frühzeitig den Austausch mit medizinischen Registern suchen – idealerweise noch vor der Zulassung eines Arzneimittels, waren sich die Diskutierenden einig. Sie verfügen zu diesem Zeitpunkt bereits über wichtige Informationen zu möglichen Nebenwirkungen und relevanten Einflussfaktoren und könnten diese gezielt in die Registerarbeit einbringen. Es sei nicht notwendig, für jedes neue Produkt eigene Register aufzubauen. Vielmehr gebe es bewährte Register, die bereits von mehreren Unternehmen genutzt werden – ein Ansatz, der Ressourcen spart und auf vorhandene Expertise aufbaut.

Dr. Rimma Berenstein auf den Registertagen 2025

Dr. Rimma Berenstein, Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA). © TMF e.V.

Paul Bussilliat erläuterte in seinem Vortrag, dass Register in der AbD immer wichtiger werden. „Entscheidend ist, dass wir gemeinsam mit allen Stakeholdern Rahmenbedingungen schaffen, die eine praxisnahe Nutzung ermöglichen und so den wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Nutzen von Registerdaten voll entfalten“, betonte Bussilliat.

Paul Bussilliat auf den Registertagen 2025

Paul Bussilliat, Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (VFA). © TMF e.V.

Dr. Katharina Dörnbrack stellte die Herausforderungen der Anwendungsbegleitenden Datenerhebung (AbD) am Beispiel des SMArtCARE-Registers vor, welches derzeit zur Datenerhebung im Rahmen der Zusatznutzenbewertung von zwei Medikamenten (Evrysdi und Zolgensma) zur Therapie der spinalen Muskelatrophie (SMA) genutzt wird. Mit Roche's Evrysdi (Risdiplam), Novartis' Gentherapie Zolgensma (Onasemnogene Abeparvovec) und Biogen's Spinraza (Nusinersen) gibt es inzwischen drei sehr kostenintensive Medikamente zur Behandlung der SMA auf dem Markt. Die Zulassung dieser Medikamente beruht jedoch überwiegend auf klinischen Studien im Kindesalter und bisher gibt es kaum Erfahrungen zur Wirksamkeit und Sicherheit außerhalb dieser Population sowie über einen längeren Beobachtungszeitraum. Dörnbrack beleuchtete die Perspektive des Registerbetreibers. Sie unterstrich die Bedeutung langfristiger, systematischer Real-World-Daten zur Bewertung von Wirksamkeit und Sicherheit der inzwischen drei zugelassenen Therapien. Außerdem wies sie auch auf die Bedeutung von Registerdaten für die AbD im Rahmen der Nutzenbewertung von Arzneimitteln hin.

Dr. Katharina Dörnbrack auf den Registertagen 2025

Dr. Katharina Dörnbrack, Universitätsklinikum Freiburg. © TMF e.V.

Dr. Hanna Bayer ergänzte die Sicht der Industrie: Die Einführung neuer Therapien wie Evrysdi bringe nicht nur medizinischen Fortschritt, sondern auch regulatorische Anforderungen wie die durch den G-BA geforderte AbD mit sich. Dabei sei eine enge und frühzeitige Abstimmung mit Registerbetreibern zentral – sowohl für die Machbarkeitsprüfung als auch für die erfolgreiche Umsetzung. Gute Kommunikation und transparente Prozesse seien entscheidend, um bestehende Register effektiv für AbD nutzen zu können.

Dr. Hanna Bayer auf den Registertagen 2025

Dr. Hanna Bayer, Roche Pharma AG. © TMF e.V.

Alexander Stahmann erläuterte den Nutzen von Registerdaten am Beispiel des MS-Registers für Post Authorisation Safety Studies (PASS), die zusätzliche Informationen zur Sicherheit und Wirksamkeit eines Arzneimittels im Praxisalltag liefern und damit zur Arzneimitteltherapiesicherheit beitragen.

Die Session zeigte: Erfolgreiche AbD erfordert Kooperation, technische Anpassungsfähigkeit und ein gemeinsames Verständnis der Anforderungen.

Panel: "Juristische Perspektive: Vertrags­gestaltung für Register – Herausforderungen und Lösungsansätze"

Nach einer kurzen Kaffeepause fand schließlich der letzte Veranstaltungspunkt der Registertage statt: Das Panel zur juristischen Perspektive unter der Moderation von Charlotte Frank, TMF e.V., mit den Speakern Martin Trillsch, Universitätsklinikum Bonn, Prof. Dr. Achim Berthele, Technische Universität München, und Monika Scheuringer, MSD Sharp & Dohme GmbH.

Kernfragen des Panels waren unter anderem: Ist es von Nutzen, sich mit Standardverträgen und Standardvertragsklauseln beschäftigen? Handelt es sich hierbei um ein Thema, dessen Adressierung in Bezug auf Register sinnvoll ist? Wie könnte eine Vereinheitlichung der Vertragssprache dazu beitragen, die Registerdatenlandschaft in Deutschland weiterzuentwickeln?

Während des Austausches wurde deutlich, dass es diverse juristische Aspekte und regulatorische Verpflichtungen gibt, die bei der Vertragsgestaltung berücksichtigt werden müssen. Scheuringer stellte hier die relevante Frage: „Wenn man das Register wissenschaftlich weiterentwickelt, wie schafft man dabei ein Vertragsverhältnis auf Augenhöhe?“

Das Panel schloss mit dem Fazit, dass es unterschiedliche Anforderungen gibt, die im juristischen Kontext beachtet werden müssen. Die Registerlandschaft weist keine Einheitlichkeit auf, wobei Musterverträge gewisse Prozesse vereinheitlichen können und die richtige Planung ausschlaggebend ist. Die Gründung einer Gruppe mit größtmöglicher Interessenvertretung aus dem Register-Metier, welche diesbezüglich Entscheidungen fällt, wäre zukunftsweisend. Gegebenenfalls sogar mit der TMF in der Moderationsrolle.

Martin Trillsch auf den Registertagen 2025

Martin Trillsch, Universitätsklinikum Bonn. © TMF e.V.

Prof. Dr. Achim Berthele auf den Registertagen 2025

Prof. Dr. Achim Berthele, Technische Universität München. © TMF e.V.

Monika Scheuringer auf den Registertagen 2025

Monika Scheuringer, MSD Sharp & Dohme GmbH. © TMF e.V.